Dr. Edge and Mr. Cloud

Dr. Edge and Mr. Cloud

Mit dem derzeitigen Konvergenztrend könnte sich unsere Bertrachtungsweise von Edge vs. Cloud vollkommen ändern. Die Grenzen verschwinden mit zunehmender Intelligenz in Edge-Geräten und dem Einsatz von mehr Software. Gibt es bald hybride Edge-Cloud-Geräte?
In seinem Roman „The Strange Case of Dr. Jekyll and Mr. Hyde“ schreibt Robert Louis Stevenson über eine Person mit zwei Persönlichkeiten: dem sanften und fürsorglichen Dr. Jekyll und dem bösen Soziopathen Mr. Hyde. Menschen, die den einen oder anderen treffen, denken, dass es sich um zwei sehr unterschiedliche Menschen handelt, obwohl sie in Wirklichkeit zwei Gesichter ein und derselben Person sind. Es ist die gleiche Art und Weise wie beim Computing, wo man versucht sein kann, zwei gegensätzliche Ansätze zu sehen: Edge Computing und Cloud Computing. Beide befassen sich mit dem gleichen Problem bei der Implementierung des Internets der Dinge (IoT). Im Gegensatz hierzu zeigt der Beitrag, dass diese Computing-Systeme eigentlich zwei Seiten derselben Medaille sind. Edge Computing wurde zuerst von der Internet- und Mobilfunkbranche populär gemacht und beschreibt Architekturen, in denen Knoten in der Nähe des Benutzers Prefetch- und Cache-Netzwerkdaten bereitstellen, um das Kundenerlebnis durch extrem niedrige Latenzzeiten zu verbessern. Initiativen wie das ‚Open Edge Computing‘ sind Bemühungen dieser Branchen, das Konzept zu standardisieren. Im Rahmen von IoT bedeutet Edge Computing, dass die meisten Aufgaben der Datenverarbeitung im Feld durchgeführt werden. Die Aufgaben können im Endknoten selbst oder in einem Gateway erfolgen, das als Brücke zwischen mehreren einfachen Knoten und dem Internet dient. Ähnlich beschreibt Cloud Computing, das aus der IT-Welt stammt, die Ausführung von Unternehmenssoftware in der Cloud auf verbundenen Servern im Gegensatz zu Servern vor Ort. Im Kontext des IoT bedeutet dies, dass der Großteil der Verarbeitung und Entscheidungsfindung in der Cloud erfolgt. Diese beiden Optionen können im Gegensatz zueinander betrachtet werden. Ein Cloud-Computing-Ansatz würde bedeuten, dass Edge-Geräte einfacher, stromsparender, leistungsärmer und kostengünstiger sein könnten. Da sich die gesamte Logik und Programmierung in der Cloud befindet, ist sie sehr flexibel. Updates sind einfach und können den etablierten IT-Prozessen folgen. Auf der anderen Seite bringt das Edge Computing weitere Vorteile mit sich. Da im Endpunkt der größte Teil der Arbeit erledigt wird, ist Edge Computing widerstandsfähiger gegen Netzwerkstörungen. Zudem ist es einfach, Schemata zu implementieren, die eine 24/7-Verfügbarkeit gewährleisten. Da das Gerät die Sensordaten direkt verarbeitet, sind Echtzeitentscheidungen möglich: In Bezug auf die Entscheidungsfindung erfordern industrielle Systeme ein deterministisches Verhalten (vorhersagbare Latenzzeit) mit einer Latenzzeit von normalerweise 250µs bis 20ms im Gegensatz zu Servern und IT-Systemen, die 0,5 bis 2s akzeptieren können. Das Beste daran ist, dass nur niedrige Datenraten für das Internet benötigt werden, was zu niedrigeren Netzwerk- und Cloudkosten führt, da die Netzwerkbandbreite geringer ist und weniger Daten in der Cloud gespeichert werden.

Unterschiede verschwimmen

Während es so aussieht, als läge hier eine klare Entweder-Oder-Entscheidung vor, findet in Wahrheit ein Konvergenztrend statt, was alles weniger dramatisch macht. Die Leistung am Knoten wird immer weniger zu einem Problem, und ob am Knoten oder in einem Gateway, der Edge wird immer intelligenter. Mit dem IoT kommen Sicherheit und Konnektivität an den Endpunkten zum Tragen. Dies erfordert leistungsfähigere Controller mit mehr Software und mehr Flexibilität. Der Vorteil von IP für den Endknoten ist, dass es fortschrittliche Kommunikationsstacks am Endpunkt vorantreibt, was leistungsfähigere Prozessoren mit mehr Speicher, Leistung und Software erfordert. Root-of-Trust und Runtime-Sicherheitsüberwachung im Endpunkt werden zur Norm. Da niemand weiß, welche Sicherheitsverletzungen künftige Hacker ausfindig machen, ist es zwingend erforderlich, die Firmware für jeden Knoten aus der Ferne aktualisieren zu können. Mit dem IoT prallt die Welt der IT-Software und der Embedded-Software aufeinander. Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, dass Entwickler Programmiersprachen und Entwicklungsplattformen konsolidieren. Das IoT treibt die ‚Softwarisierung der Hardware‘ voran. Amazons neueste Version der GreenGrass-Plattform verspricht, die gleiche Software in der Cloud wie auf dem Gerät zu verwenden – eine offenkundige Demonstration dieses Trends. All dies geschieht, während Mikroprozessoren (MPUs) und Mikrocontroller (MCUs) eine erstaunliche Steigerung ihrer Leistungsfähigkeit erfahren. MCUs im 200-MHz-Frequenzbereich mit MB Flash und Hunderten von Kilobytes RAM, wie die Renesas Synergy S7 Serie, sind heute weit verbreitet. Darüber hinaus sind auch Einstiegs-MPUs für Linux, wie die Renesas RZ/A-Familie, erhältlich. Sowohl die MCU- als auch die MPU-Familien verfügen über einen erweiterten Software-Support, einschließlich Open Source. Sie können aber auch vollständig von einem Hersteller unterstützt werden, wie dies bei der Renesas Synergy Platform der Fall ist.

Der hybride Ansatz

Tatsache ist, dass keine der Optionen – ob reines Edge oder Cloud Computing – zufriedenstellend ist. Tabelle 1 zeigt die Vor- und Nachteile. An dieser Stelle sollte zweimal überlegt werden, was aus Kundensicht benötigt wird. Keiner der Nachteile jeder Lösung ist akzeptabel: Niemand will einen teuren Knoten, der viel Strom benötigt. Niemand möchte Betriebsunterbrechungen oder einen Netzwerkausfall, der die Funktionalitäten des IoT-Geräts herabsetzt. Und niemand will viel für den Netz- und Cloudzugang bezahlen, denn dieser Zugang ist nur eine Enabling-Technologie und nicht der ultimative Service, den das IoT bietet. Am Ende muss das ideale IoT-Gerät – sprich dasjenige, das kommerziell erfolgreich sein wird – alle Vorteile in Tabelle 2 bieten. Hier zeigt der sanfte Dr. Edge seine wahre Natur und kann auch Mr. Cloud sein. Die Konvergenz zwischen Cloud und Edge hinsichtlich Sicherheit, Netzwerkstacks und Plattform schafft eine Umgebung, in der der Edge so flexibel wie die Cloud und so widerstandsfähig sein kann, wie Embedded Devices heute sind. Die Verfügbarkeit leistungsfähigerer Embedded-Geräte macht den Edge intelligenter, sei es im Knoten oder über ein Gateway, während die Kosten und Leistung unter Kontrolle gehalten werden.

Willkommen Dr. Edgecloud

Fachhistoriker für Technik führen sicherlich an, dass diese hybride Kombiidee nicht neu ist. Als Computer teuer waren, war die ursprüngliche Computerlösung in den 70er und 80er Jahren der ‚Client-Server‘, was bedeutete, dass ein Servergroßrechner (die Cloud) die gesamte Arbeit erledigte, während der Client (der Edge) nur eine Benutzeroberfläche war. Mit den erheblichen Leistungssteigerungen und Kostensenkungen der Rechenleistung im Laufe der Jahre ist das Pendel vollständig auf die andere Seite geschwungen, wie es bei PCs und Workstations in den 90er Jahren zu beobachten war. Als nächstes kam das Internet, und wieder drängte die Industrie in die andere Richtung. In den letzten zehn Jahren haben zunehmende Investitionen in Server-Computing und -Speicherung durch Großunternehmen wie Amazon und Microsoft den Trend zu SaaS- und PaaS-Lösungen beflügelt – beides sind Cloud-Computing-Optionen. Doch der Endpunkt ist intelligenter denn je. Stabil sind nur Lösungen, bei denen Edge und Cloud zusammenarbeiten, um den Nutzern die beste Servicequalität zu bieten. Die gleiche Geschichte wiederholt sich im IoT, nur viel schneller. Von einer anfänglich reinen Cloudlösung mit dummen Geräten entwickelt sich der Markt schnell hin zum hybriden Smart-Device/Smart-Cloudansatz. Wenn der Dualismus zwischen den beiden Lösungen allmählich verschwindet, können wir unseren Hut ziehen und Dr. Edgecloud begrüßen!

Ausgabe:
Renesas Electronics Europe GmbH
www.renesas.com

Das könnte Sie auch Interessieren

Bild: PiBond Oy
Bild: PiBond Oy
PSI Institut und PiBond kooperieren

PSI Institut und PiBond kooperieren

PiBond, Hersteller von Materialien für die Halbleiterindustrie, hat mit dem Paul Scherrer Institut PSI, Forschungsinstitut für Natur- und Ingenieurwissenschaften in der Schweiz, eine Vereinbarung über Technologielizenzen und strategische Zusammenarbeit unterzeichnet, um die Entwicklung von lithografischen Werkstoffen der nächsten Generation sowie zukünftige Halbleiterinnovationen voranzutreiben.