Agile Rollen in Embedded-Projekten

Agile Rollen in Embedded-Projekten

Erfolgreich besetzen

Die agile Entwicklung ist in den letzten Jahren die bestimmende Methodik für die Herstellung technischer Produkte und Produktkomponenten in einer Vielzahl von Industriebereichen geworden. Die Besetzung der agilen Rollen ist dabei eine der größten Hürden bei der Änderung der Entwicklungsmethodik.

Scrum Überblick (Bild: MicroConsult GmbH)

Scrum Überblick (Bild: MicroConsult GmbH)

Um sie mit Systematik zu meistern müssen drei spezifische Rollen besetzt werden:

  • Die Rolle des Product Owners kann vom Projektleiter übernommen werden.
  • Der Scrum Master wird aus dem Entwicklungsteam gestellt.
  • Das Entwicklungsteam wird zum agilen Entwicklungsteam.

Die populärste Methode der agilen Entwicklung ist Scrum. Ziel von Scrum ist es, potenziell auslieferbare Produktinkremente in kurzen Entwicklungszyklen (= Sprint) herzustellen. Alle Sprints haben die gleiche Dauer zwischen einer und vier Wochen. Der Product Backlog ist eine dynamische Liste von Anforderungen, die nach Priorität geordnet sind. Er dient als Input für die Aufgabenstellungen der Sprints.

Rollen der agilen Entwicklung

Eine Rolle wird durch einen Aufgabenbereich gekennzeichnet. Sie darf nicht mit einer Funktion oder einem Titel verwechselt werden. Eine Person übernimmt einen Aufgabenbereich und nimmt damit die dazugehörige Rolle ein. So kann ein Geschäftsführer eines Unternehmens vertriebliche Aufgaben bei einem Kundenbesuch wahrnehmen und damit die Vertriebsrolle einnehmen. Scrum unterscheidet drei grundlegende Rollen, die ein Scrum Team bilden:

  • Product Owner: Der Product Owner ist für die Wertmaximierung des Produkts und der Arbeit des Entwicklungsteams verantwortlich. Für Embedded-Systeme empfehlen wir, die Rolle des Product Owners in eine strategische und eine operative Rolle zu unterteilen, da sie unterschiedliche Kompetenzprofile besitzen.
  • Der strategische Product Owner ist für die Entwicklungsaufgabe gegenüber dem Auftraggeber verantwortlich. Er bestimmt den Umfang und den Inhalt der Entwicklungsaufgabe durch Bereitstellen von Epics (= grobe Beschreibung einer Anforderung) inklusive der Prioritäten.
  • Der operative Product Owner ist für die Entwicklungsaufgabe gegenüber dem strategischen Product Owner verantwortlich. Er verfeinert den Product Backlog von Epic-Ebene auf Item-Ebene.
  • Der Scrum Master ist für das Verständnis und die Durchführung von Scrum verantwortlich und ist Ansprechpartner des Teams zu den Anforderungen. Er verantwortet die korrekte Anwendung des Scrum-Frameworks, ist Moderator und fungiert als Vermittler und Unterstützer und beseitigt Hindernisse.
  • Das Entwicklungsteam führt die eigentlichen Entwicklungsaufgaben in Eigenverantwortung durch. Es besteht aus drei bis neun Personen, die in Summe über die volle Kompetenz für die Entwicklungsaufgabe verfügen. Sie verfeinern und analysieren die Anforderungen und sind für Design, Entwicklung, Test und Dokumentation verantwortlich.

Kompetenzen der einzelnen Profile

In den folgenden Diagrammen kennzeichnet das Pluszeichen (+) eine wichtige Kompetenz und das ‚0‘-Zeichen eine neutrale Kompetenz. Die entscheidenden Kompetenzen sind mit drei Pluszeichen notiert.

Fachliches Kompetenzprofil (Bild: MicroConsult GmbH)

Fachliches Kompetenzprofil (Bild: MicroConsult GmbH)

Persönliches Kompetenzprofil (Bild: MicroConsult GmbH)

Persönliches Kompetenzprofil (Bild: MicroConsult GmbH)

Vier Faktoren beachten

Wenn operative Prozesse in einem Unternehmen so drastisch geändert werden wie beim Umstieg auf agile Methoden, besteht die Gefahr, dass es zu einer zeitlichen Unterbrechung beim Bedienen des Marktes kommt. Um dieses Risiko zu beherrschen, müssen vier Faktoren beachtet werden:

  • Ein Verantwortlicher wird für die Umstellung benannt, der Verfahren und Techniken des Change Managements anwendet.
  • Die neuen Prozesse müssen sorgfältig spezifiziert werden und bei Bedarf an Besonderheiten des Unternehmens angepasst werden.
  • Die betroffenen Mitarbeiter müssen ausreichend geschult und ins Boot geholt werden. Erfolgt die Umstellung durch Anordnung anstatt durch Überzeugung, ist das Gelingen des Vorhabens von Beginn an stark gefährdet.
  • Bei der Besetzung der neuen Rollen müssen fachliche und persönliche Fähigkeiten berücksichtigt werden. Die Kompetenzprofile bieten dabei eine Hilfestellung. Schwachpunkte sollen durch Weiterbildungsmaßnahmen behoben werden.

Zwei Beispielszenarien

Im Folgenden betrachten wir zwei Szenarien für die Besetzung der agilen Rollen bei der Entwicklung von Embedded-Systemen: Szenario 1 mit einem Projektleiter, der ein Entwicklungsteam steuert und Szenario 2 mit einem zusätzlichen Produktmanager.

Szenario 1: Projektleiter mit Entwicklungsteam

Der Product Owner übernimmt in diesem Szenario die strategische und operative Rolle. Die Tätigkeit des Scrum Masters wird häufig in Teilzeit ausgeführt. In diesem Fall kann der Scrum Master zusätzlich im Entwicklungsteam mitarbeiten. Er sollte jedoch nicht gleichzeitig als Product Owner eingesetzt werden (Interessenskonflikte).

Szenario 2: Produktmanager und Projektleiter mit Entwicklungsteam

In der Praxis wird normalerweise nur ein Mitarbeiter als Product Owner benannt. Der Produktmanager behält auch in der agilen Entwicklung den Titel Produktmanager. Wenn ein Produktmanager und ein Product Owner eingesetzt werden, kann der Product Owner zusätzlich auch Aufgaben der strategischen Rolle des Product Owners übernehmen zum Beispiel die Pflege der Roadmap, die Versionsplanung oder das Bereitstellen von Epics. Individuelle Stärken und Schwächen von Personen sollen bei der Zuteilung von Aufgaben sollten berücksichtigt werden. Entscheidend ist, dass die Bereichsleitung für alle anstehenden Aufgaben einen Verantwortlichen benennt. Die Tätigkeit des (operativen) Product Owners kann als Teilzeitjob angelegt sein. In diesem Fall kann der (operative) Product Owner zusätzlich im Entwicklungsteam mitarbeiten. Er sollte jedoch nicht gleichzeitig als Scrum Master eingesetzt werden (Interessenskonflikte).

Szenario 1: Projektleiter mit Entwicklungsteam (Bild: MicroConsult GmbH)

Szenario 1: Projektleiter mit Entwicklungsteam (Bild: MicroConsult GmbH)

Szenario 2: Produktmanager und Projektleiter mit Entwicklungsteam (Bild: MicroConsult GmbH)

Szenario 2: Produktmanager und Projektleiter
mit Entwicklungsteam (Bild: MicroConsult GmbH)

Ganzheitlich agil

Die zentrale Mission eines Produktmanagers besteht darin, die Stimme des Kunden gegenüber der Produktentwicklung einzunehmen und sicherzustellen, dass das ‚richtige‘ Produkt entwickelt wird. Die Vorteile der Rolle des Produktmanagements auf einen Blick:

  • Der Product Owner wird bei strategischen Themen entlastet. Dadurch kann er sich mehr auf die operative Organisation und Betreuung der Entwicklungsarbeit konzentrieren.
  • Strategische Themen kommen nicht zu kurz. Diese Gefahr besteht, wenn ein Product Owner durch zu viele unterschiedliche Aufgaben überlastet ist.
  • Aufzählung:Der Produktmanager kennt den Markt und den Wettbewerb. Neue Kundenbedürfnisse und Trends können umgehend in den Entwicklungszielen berücksichtigen werden.
  • Der Produktmanager liefert mit Businessplänen wirtschaftliche Rechtfertigungen für die Entwicklung von Komponenten oder komplexen Funktionen. Dies erleichtert die Priorisierung von geforderten funktionalen Verbesserungen.

Wie oben gezeigt, können traditionelle Entwicklungsformen systematisch in agile überführt werden.

Autoren: Dipl.-Ing. Remo Markgraf,
Senior Management Consultant,
MicroConsult GmbH

Dipl.-Ing. Alfred Ressenig,
Gründer und Inhaber,
RealSkills
www.microconsult.de

MicroConsult GmbH
www.microconsult.de

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