Internet of Everything: Technik am Pulsschlag

Internet of Everything:
Technik am Pulsschlag

Vom Internet of Everything soll die gesamte Medizinindustrie profitieren. Dabei geht es u.a. um die Vernetzung von Geräten in Wohnungen, an Kleidung und im Körper. Hierbei kommt der Senstroller – eine Kombination aus Sensor und Mikrocontroller – ins Spiel, ein Baustein, der Daten aus seiner Umgebung einholen und auf der Basis bestimmter Parameter Entscheidungen fällen kann.

Das Internet of Everything bietet besonders in der Medizintechnik riesiges Potenzial. Die Vernetzung einzelner Geräte könnte künftig Versicherungen über Gesundheitszustände von Personen informieren. (Bild: congatec AG)

Das Internet of Everything bietet besonders in der Medizintechnik riesiges Potenzial. Die Vernetzung einzelner Geräte könnte künftig Versicherungen über Gesundheitszustände von Personen informieren. (Bild: congatec AG)


Nach Zahlen des Netzwerkunternehmens Cisco generiert das Internet of Everything (IoE) in den kommenden zehn Jahren einen Gewinn von über 14 Millionen US-Dollar. Das Internet of Things (IoT) ist dabei zusehends als Teilmenge des IoE zu betrachten, auch wenn eine klare Abgrenzung zwischen beiden sicherlich schwierig ist. Auf jeden Fall zeigt sich auch in Zukunft des IoE/IoT eine weitere (nominelle) Teilmenge. Diese wird sich auf medizinische Geräte beziehen, die ihrerseits einen Beitrag zum Gesamtnutzen des IoE leisten werden. Dieser Nutzen bzw. Gewinn hängt größtenteils mit der höheren Effizienz zusammen, die mit bestehenden Geräten erzielt werden kann, resultiert aber auch aus den Vorteilen durch neue Geräte. ‚Gerät‘ ist hier der entscheidende Begriff: Schätzungen zufolge sind heute mehr als 99% der eigentlich vernetzbaren Geräte in Wirklichkeit nicht vernetzt. Ein großer Teil des Nutzens soll somit aus diesem immens großen ungenutzten Pool existierender Geräte kommen. Diese machen darüber hinaus einen guten Teil der im zweistelligen Milliardenbereich liegenden Zahl jener Geräte aus, aus denen das IoE bis zum Jahr 2020 bestehen wird. Mit der Vernetzung vorhandener Geräte strebt man eine Steigerung ihres Nutzwerts an. Dies geschieht durch die Beseitigung von Ineffizienzen in der Art wie entweder die Geräte selbst oder ihre ‚Produkte‘ genutzt werden. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheinen mag, dürfte die aus dem Technologiesektor zu hörende Prognose beruhigen, dass es sich hier um einen sehr gesunden Markt handeln wird.
Das conga-QA3 mit dem Intel Atom Prozessor (Codename:'Bay Trail') basiert auf dem Qseven-Modulstandard und ist für die Intel Gateway Solutions für das IoT zertifiziert. (Bild: congatec AG)

Das conga-QA3 mit dem Intel Atom Prozessor (Codename:’Bay Trail‘) basiert auf dem Qseven-Modulstandard und ist für die Intel Gateway Solutions für das IoT zertifiziert. (Bild: congatec AG)

Senstroller: Kombination aus Sensor und Mikrocontroller

Intelligenz ist das bevorzugte oder zumindest vorherrschende Attribut von Geräten, die zum IoE gehören. Geräte erhalten Intelligenz, wenn man ihnen die Fähigkeit zum Datenaustausch verleiht. Das Hinzufügen von Intelligenz zu bestehenden Geräten hat mehrere Aspekte. Dazu gehört die Fähigkeit zum Erfassen, Auswerten und Weiterleiten von Daten. Der Senstroller ist ein Baustein, der Daten aus seiner Umgebung einholen und auf der Basis bestimmter Parameter Entscheidungen fällen kann. Kommt nun noch Vernetzung hinzu, lässt sich auf Daten anderer Senstroller an beliebigen Orten zugreifen. Heutzutage lassen sich integrierte Schaltungen realisieren, die bei einer Kantenlänge von 1,0mm einen Sensor, einen Mikrocontroller und drahtlose Konnektivität enthalten. Sehr wahrscheinlich halten genau diese Art von Bausteinen schon in naher Zukunft Einzug in die Telemedizin. Es ist jedoch ein großer Unterschied, ob man ein Haushaltsgerät mit Intelligenz ausstattet oder ob medizinisches Equipment die Fähigkeit zum Fällen eigener Entscheidungen erhält. Dies ließe sich sogar als Unterscheidungskriterium zwischen den Geräten im IoE heranziehen. Und neben Geräten, die ohne menschliche Einwirkung auskommen sollen, gibt es solche, die den Menschen unterstützen sollen. Die überwiegende Mehrheit des Nutzens der Vernetzung wird jedoch zweifellos von ersteren kommen. Geräte zur Aufwertung der menschlichen Intervention werden sich dagegen äußerst gut für den Gesundheitssektor eignen.

Steuerungsorientierte und datenorientierte Geräte

Um dies zu verdeutlichen, gilt es, die Einteilung des IoE zu betrachten. Einige Akteure, darunter Freescale Semiconductor und ARM als zwei Vorreiter der Mikrocontroller-Technologie, erwarten eine Einteilung der IoE-Geräte in zwei Kategorien: in steuerungsorientierte und datenorientierte Geräte. Datenorientierte Geräte kommen für das ‚Data Mining‘, also das Schürfen in Datenbeständen zum Einsatz. Dazu gehören das Aufspüren von Trends und Verhaltensmustern oder das Vorausahnen und Verhindern von bestimmten Zuständen (z.B. Verkehrsstaus). Steuerungsorientierte Geräte nutzen, was Freescale als ‚Track, Command, Control and Route‘ (TCC&R) bezeichnet. Als IoE-Anwendungen dieser Art sei die Patientenüberwachung genannt. Ein Patient würde einen Sensor tragen oder möglicherweise schlucken, mit dem sich Körpertemperatur, Blutdruck und andere Vitalzeichen überwachen lassen. Diese Daten überspielt das Gerät dann an eine Applikation in der Cloud, die daraus wiederum Erkenntnisse über die Verfassung des Patienten gewinnt und im Notfall einen Mediziner alarmiert.

Eingebettete Intelligenz mit differierenden Leistungen

Entscheidend wird die Unterstützung für das IoE durch entsprechende Halbleiter sein. Denn es sollte nicht unterschätzt werden, wie viel eingebettete Intelligenz nötig sein wird, um die möglicherweise in die Milliarden gehende Zahl vernetzter Geräte zu realisieren. Dieser Bedarf ist jedoch an bestimmte Anforderungen geknüpft, denen sich Anbieter aktuell widmen. Als Besonderheit des Medizintechnik-Markts decken die Verarbeitungsanforderungen ein Spektrum ab, das von extrem hoher Leistung für bildgebende Medizintechnik bis zu extrem geringer Verlustleistung für oral aufnehmbare Sensoren reicht – mit sämtlichen Abstufungen dazwischen. Kein anderer vertikaler Sektor wird derart breit gefächerte Verarbeitungsanforderungen an Geräte zum Anschluss an das IoE stellen. Ein Beispiel dafür, wie sich die Halbleiterhersteller diesem im Entstehen begriffenen Markt stellen, sind die Prozessoren der Quark-Familie von Intel. Diese sind für das IoT vorgesehen und weisen zugunsten geringerer Leistungsaufnahme Abstriche an der Grafikverarbeitung auf, halten sich aber an den x86-Befehlssatz. Konkurrenz kommt in dieser Hinsicht von ARM-basierten Bausteinen, wie sie beispielsweise Freescale Semiconductor, STMicroelectronics, Texas Instruments und anderen Unternehmen entwickeln. Ungeachtet der großen Verbreitung der ARM-Architektur bei den Halbleiteranbietern muss Intel jedoch die kohärentere IoT-Strategie bescheinigt werden. Diese entspringt der Kombination der Intel-eigenen Prozessoren mit dem erst vor kurzer Zeit aufgekauften Embedded-Software-Spezialisten Wind River und McAfee, einem Experten für Internet-Sicherheit. Gemeinsam versprechen diese Produkte und Services die Bereitstellung einer überzeugenden Plattform für OEMs, die IoE-Applikationen auf schlüsselfertiger Hardware wie dem Computer-On-Module (COM) entwickeln. Das conga-QA3 mit Intel Atom Prozessor (Codename: ‚Bay Trail‘) basiert auf dem Qseven-Modulstandard und ist für die Intel Gateway Solutions für das IoT zertifiziert. Es zeigt, wie die Kombination zuverlässiger Hardware mit einem konsistenten Softwarepaket eine Vertrauensbasis für die Entwicklung sicherer IoT-Anwendungen schafft. Durch das Bundling einer Basisplatine, auf der sich ein Trusted Platform Module-Chip (TPM) befindet, hilft congatec zu gewährleisten, dass Applikationen mit hoher Datensicherheit verarbeitet werden können.

Gateway-Lösungen für Sens-troller verschiedener Anbieter

Große Halbleiterunternehmen und auch Systemintegratoren arbeiten inzwischen aktiv an der Entwicklung von Gateway-Lösungen für das IoT. In einer vernetzten Infrastruktur existieren diese Gateways bereits, doch im IoE werden sie eine andere Funktion haben. Sie werden hier als Schnittstelle zu einem breiteren Spektrum von Geräten – nämlich den Senstrollern – benötigt, die von unterschiedlichen Anbietern kommen, verschiedene Protokolle unterstützen und verschiedenartige Dienste bereitstellen. Diese Vielfalt an Knoten verlangt nach einem Gateway, das für mehrere Interfaces geeignet ist, die unter Umständen nicht unter den ‚traditionellen‘ Internet-Protokollen laufen, gleichwohl aber nach hoher Dienstqualität verlangen. Ein großer Teil des Nutzens des IoE u.a. im Bereich neuer Healthcare-Dienste soll in dieser Klasse von Geräten – den intelligenten Sensoren – erzielt werden. Dabei sollte allerdings nicht übersehen werden, dass viele der heutigen speziellen medizinischen Geräte, z.B. Röntgen- und MRT-Systeme, möglicherweise bereits vernetzt sind. Wenn man die Zugriffsmöglichkeiten auf diese lebenswichtigen Geräte erweitert, verlangt dies nach einem höheren Maß an Sicherheit im Internet, das heißt also in einer Infrastruktur, die von ihrem Wesen her offen gestaltet ist.

Sensoren in Wohnung, Kleidung und Körper

Angesichts der spezifischen Anforderungen, die er an die Halbleiterindustrie stellt, birgt der Markt für medizinische Geräte im Kontext des IoE ein enormes Potenzial. Schließlich ist allgemein bekannt, dass nicht nur die Zahl der Menschen wächst, sondern dass diese Menschen außerdem immer länger leben. Dies ist weitgehend den Fortschritten im Bereich der traditionellen Medizin zuzuschreiben. Die Verlängerung des Lebens aber wird sich in Zukunft noch mehr auf die Healthcare-Technologie stützen. Der Home-Healthcare-Markt wird prinzipbedingt an das IoE angebunden sein. Wohnungen und Kleidungsstücke und sogar Körper werden mit immer mehr Sensoren bestückt, um in immer größerem Umfang Informationen über unsere körperliche Verfassung einzuholen. Wahrscheinlich wenden die Menschen zukünftig verstärkt Präventivmaßnahmen an, um ihre Gesundheit länger zu erhalten. Schon jetzt existiert ein großer Markt für Produkte, mit denen Sportler ihren Trainingsfortschritt überwachen und aufzeichnen können. Diese Technik dürfte wahrscheinlich auf normale Alltagsaktivitäten übertragen werden, um das allgemeine Wohlbefinden zu messen. Dies bedeutet unweigerlich, dass diese Geräte zum Bestandteil der datenorientierten Ader des IoE werden. Sobald sie jedoch vollständig in unser Alltagsleben integriert sind, werden sie auch steuerungsorientiert sein. Keineswegs utopisch ist, wenn künftig Küchengeräte Lieblingsspeisen vorbereiten, weil die Körpersensoren eine unter dem Normalwert liegende Kalorienzufuhr oder eine übermäßige Schrittzahl gemeldet haben. Dies hätte nicht von der Hand zu weisende Vorteile für die Gesundheit. Es ist davon auszugehen, dass über das Body Area Network hinaus weitere gewissermaßen ‚intimere‘ Sensoren zum täglichen Tagesablauf gehören. Eines Tages könnte sich die Badezimmerwaage erübrigen, wenn stattdessen oral aufnehmbare oder implantierbare Sensoren ein Auge auf das Gewicht haben und die betreffende Person – oder Leistungserbringer in Sachen Gesundheit – über wichtige Änderungen der körperlichen Verfassung informieren. Diese Daten nutzen nicht zuletzt der Versicherungswirtschaft. Schließlich existieren bereits Geräte, die die Fahrweise von Autofahrern überwachen können, sodass Versicherungen den guten Fahrern günstigere Tarife einräumen können. So etwas gibt es sehr wahrscheinlich bald auch für Krankenversicherungen. Das Internet of Everything ist ein Konzept von gigantischen Ausmaßen, doch hinsichtlich der Infrastruktur-Anforderungen ist der medizinische Teilbereich wohl komplexer. Der Datenschutz, der Zugriff auf Patientendaten und die Kontrolle medizinischer Geräte müssen berücksichtigt werden, damit sich das Potenzial dieses Markts ausschöpfen lässt.

4,8 Billionen Adressen zur allgegenwärtigen Vernetzung

Einen großen Teil der Technik, der für die Umsetzung des IoE benötigt wird, gibt es bereits, und schon jetzt sind Millionen von Geräten über das Internet miteinander vernetzt. Dennoch ist dies nur ein kleiner Prozentsatz der Geräte, die sich weltweit im Einsatz befinden. Die Vorteile, die sich aus der Vernetzung dieser existierenden Geräte ergeben, wurden bereits beziffert und betragen einige zehn Milliarden Dollar. Alles mit einer Netzwerkanbindung zu versehen, ist physisch durchaus möglich. IPv6 bietet einen so großen Adressraum, dass jedem Stern im bekannten Universum 4,8 Billionen Adressen zugewiesen werden könnten. Diese unvorstellbar große Zahl bildet allerdings nur den ersten Schritt hin zu allgegenwärtiger Konnektivität, denn der Weg ist noch lang. Es sind neue Prozessoren erforderlich, die perfekt auf die vielfältigen Anforderungen des IoE abgestimmt sind. Außerdem benötigen entsprechende Geräte neue Sensortechnologien, die eine Brücke zwischen realer Welt und digitaler Sphäre schlagen. Schließlich gilt es, mehr Sicherheit gegen böswilliges und unbeabsichtigtes Eindringen in die Netzwerke zu entwickeln. Damit hört es jedoch nicht auf. Das derzeit noch ungenutzte Potenzial für Innovationen im Bereich der Healthcare-Geräte verspricht enorme Vorteile für Patienten und Leistungserbringer, ganz abgesehen von der gesamten Medizin-Industrie. Der Umfang des IoE lässt sich aktuell nicht einmal erahnen.

congatec AG
www.congatec.com

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