Kostenbetrachtung in der Entwicklung

Kostenbetrachtung in der Entwicklung

Die Kundenanforderungen an den Funktionsumfang und die intuitive Bedienbarkeit neuer Produkte steigen ebenso kontinuierlich wie ihre Forderung nach möglichst günstigen Preisen. Dabei gilt es sowohl in der Entwicklung als auch in der Produktion Kosten zu senken. Um das volle Einsparpotenzial auszuschöpfen, ist dabei eine ganzheitliche Kostenbetrachtung und -optimierung über den gesamten Produktionsentstehungsprozess erforderlich. Dies umfasst einen systemübergreifenden Ansatz, der nicht die Kosten einzelner Komponenten minimiert, sondern auf ein nachhaltiges Gesamtkostenoptimum gerichtet ist.
Niedrige Produktionskosten und einfache Wartung stehen idealerweise bereits bei der Entwicklung elektronischer Schaltungen im Fokus. Doch erfahrungsgemäß widersprechen sich kostengünstige Entwicklung und kostengünstige Serienproduktion. Oft können durch ein höheres Investment beim Design der Schaltungen Kostenvorteile durch eine günstigere Produktion realisiert werden. Dies erfordert ein genaues Abwägen, das je nach Anwendungsfall und Anzahl der letztendlich herzustellenden Produkte zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen kann. Daraus lassen sich zwei wesentliche Anforderungen an eine ganzheitliche Kostenbetrachtung ableiten: Erstens ein von Beginn an konsequenter Design-to-Cost-Ansatz und zweitens eine umfassende Kostenanalyse im Entwicklungsprozess selbst.

Frühzeitige Abstimmung mit anderen Abteilungen

Ein gezielter Design-to-Cost-Ansatz setzt voraus, dass frühzeitig eine Abstimmung mit sämtlichen ‚Stakeholdern‘ erfolgt – also mit Marketing, Vertrieb, Produktdesign und Fertigung. Den Anfang bildet typischerweise die Auflistung der Maximalforderung, bestehend aus minimalen Design- und Produktionskosten bei maximaler Leistungsfähigkeit des Systems. Infolge der Widersprüchlichkeit dieser Ziele ist eine Erfüllung der Maximalforderung in der Regel unmöglich. Hier gilt es dann, das Optimum abzuleiten, was produktabhängig geschehen muss. Bei Produkten mit kleinen Stückzahlen und hohen Qualitätsanforderungen werden bei Design und Entwicklung andere Maßnahmen ergriffen als bei Produkten mit sehr hohen Stückzahlen und niedrigen Anforderungen an die Lebensdauer oder die Systemqualität. Eine Funktions- und Wertanalyse bilden den ersten Schritt, um eine optimale Balance zwischen Funktionsumfang und Produktkosten zu erlangen. Kostentreiber für neue Produkte sind meist die Anforderungen der Kunden an den Umfang und die Ausprägung von Funktionen. Wichtig ist es daher, sorgfältig zwischen dem Nutzen und den Kosten einer Funktion abzuwägen. Auf die Funktionsanalyse folgt die ganzheitliche Kostenbetrachtung über alle Prozesse hinweg. Dabei gilt es zu klären, worauf bei Systemdefinition, Entwicklung und Fertigung zu achten ist und wo Einsparpotenziale bestehen. Ein entscheidender Erfolgsfaktor ist in jedem Fall die frühzeitige Einbindung aller Beteiligten des Produktentstehungsprozesses – und zwar bereits in der Planungs- und Konzeptphase. Erfahrungsgemäß werden in dieser Phase die Grundlagen für 80 bis 90% der späteren Produktkosten gelegt.

Kostenanalyse im Entwicklungsprozess

Ein häufiges Risiko birgt der eigentliche Entwicklungsprozess. Hier, beim Design der Embedded Systeme, kann es passieren, dass Entwickler das Gesamtkostenoptimum aus den Augen verlieren. So kann die Verwendung ausschließlich günstiger Einzelbausteine zwar vordergründig kostengünstig sein, jedoch unter Einbeziehung der Fertigungskosten am Ende zu teureren Systemkosten führen. Auch bei der ganzheitlichen Kostenbetrachtung für die Produktkomponenten und deren Entwicklung gilt: Nicht die Einzelkosten sind entscheidend, sondern das Zusammenwirken aller Kosten. So kann z.B. ein teureres, weil speziell optimiertes IC-Package die Kosten für Leiterplattendesign und Fertigung erheblich senken und so zu einer Reduzierung der Gesamtkosten führen. Zentrales Werkzeug zur Kostenoptimierung ist der konsequente Einsatz von Simulationswerkzeugen für unterschiedliche mechanische, thermische, elektrische und funktionale Aspekte. Denn bereits bei der Festlegung der Systemspezifikationen werden nachhaltige Entscheidungen für die nachfolgenden Entwicklungs- und Produktkosten getroffen. Simulationswerkzeuge sind in dieser Phase unerlässliche Hilfsmittel und lassen sich über die Gesamtdauer des Entwicklungsprozesses mit großer Zuverlässigkeit einsetzen. Bild 2 zeigt simulierte Augendiagramme einer kritischen High-Speed-Verbindung eines Telekommunikationssystems. Mithilfe der Simulation wird bei der Systemdefinition geklärt, welche Komponenten und welche Technologien abhängig von Leistung und Kosten infrage kommen. Die obere Abbildung zeigt einen kostengünstigen Stecker, der zu einer schlechten Performance führt. Dagegen ermöglicht der teurere Stecker – wie untere Abbildung zeigt – eine gute Performance, wodurch z.B. auf höherwertiges Leiterplattenmaterial verzichtet werden kann. Auch in der Phase der Produktentwicklung führt der Einsatz von Simulationswerkzeugen zur Auswahl der richtigen Komponenten und Technologien. Kostenintensive ‚Gürtel- und Hosenträger-Designs‘, die Entscheidungen, Handlungen, Designs und Implementierungen doppelt oder gar mehrfach absichern, jedoch keinen Mehrwert für das Produkt beziehungsweise den Anwendungsfall bieten, lassen sich damit vermeiden. Und das Design kann mithilfe der Simulation näher an seiner Funktionsgrenze betrieben werden.

Zusammenspiel von Hard- und Software

Wichtig ist, diese Betrachtungen nicht nur auf die reine Hardware des Embedded Systems anzuwenden. Besonderes Augenmerk muss insbesondere dem optimalen Zusammenspiel der Hardware mit der Embedded Software gewidmet werden. Es gilt abzuwägen, welche Funktionalität unter Berücksichtigung der Produktanforderungen sich durch Hardware – z.B. mit Hilfe eines FPGA – und welche besser mit Software lösen lassen. Hier ergeben sich Vorteile sowohl bei den Design- und Entwicklungskosten als auch bei den Lifecycle-Kosten des Produkts. So lässt sich bei der Implementierung von Funktionalitäten in eine Software leichter ein Update mit erweitertem Funktionsumfang erstellen. Ein gutes Zusammenspiel zwischen Marketing, Entwicklung und Fertigung bildet jedoch die wichtigste Voraussetzung, um ein neues Produkt zu attraktiven Preisen und optimalem Time-to-Market anzubieten. Diese disziplinübergreifende Zusammenarbeit – auch als Smart Products Engineering zusammengefasst – erfordert ein erfahrenes, über das reine Design hinausdenkendes Entwicklungsteam. Doch nicht immer steht das nötige Gesamt-Know-how im eigenen Hause zur Verfügung, so dass es notwendig wird, einen externen Dienstleister mit entsprechender Expertise hinzuzuziehen. Um den Projekterfolg zu sichern, sollte dieser über nachgewiesene Turn-Key-Erfahrung bei Design-to-Cost-Projekten verfügen.

b1 Engineering Solutions GmbH
www.tieto.de/embeddedsystems

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