Nonstop Power

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Unterbrechungsfreie Stromversorgungen (USV) stellen in einer zunehmend komplexen und vernetzten Infrastruktur die ausfallsichere Verfügbarkeit relevanter Systeme und Komponenten sicher. Welche Faktoren bei der Auswahl und Dimensionierung von DC-USV-Systemen mit entsprechender Batterietechnologie beachtet werden müssen zeigt dieser Beitrag.

Um die richtige Wahl zu treffen bedarf es einer genauen Analyse der Applikation und detaillierter Kenntnisse der Vor- und Nachteile unterschiedlicher Batterietechnologien, sowie einer gesamtheitlichen Betrachtung der TCO (Total Cost of Ownership).

Batterie- und Energiespeichertechnologien

Im Wesentlichen sind folgende Energiespeicher für den Einsatz in DC-USV-Systemen relevant: Supercaps (Ultrakondensatoren), konventionelle Lithium-Ionen-Zellen (LCO/NMC), Lithium-Eisen-Phosphat-Zellen (LiFePO4), Reinblei-Zinn-Batterien (Cyclon-Zellen) sowie klassische Blei-Gel-Batterien. Im Gegensatz zu Batterien, die Energie über den Umweg einer chemischen Reaktion speichern, basieren Supercaps auf elektrophysikalischen Prinzipien und sind innerhalb kürzester Zeit geladen und einsatzbereit. Für längere Überbrückungszeiten bietet sich die Lithium-Ionen-Technologie mit hoher Energiedichte an. Bei der Auswahl eines Li-Ionen-Energiespeichers für DC-USV-Systeme empfiehlt sich jedoch ein genauer Blick auf das eingesetzte Kathodenmaterial. Gerade bei Zellen mit chemisch und thermisch instabilem Kathodenmaterial wie Lithium-Kobalt-Oxid oder Lithium-Nickel-Mangan-Kobalt-Oxid kann es unter bestimmten Bedingungen zu zellinternen exothermischen chemische Reaktionen kommen, die letztlich in einem unkontrollierbaren ‚Thermal Runaway‘ enden. Mit Lithium-Eisen-Phosphat steht für das Kathodenmaterial eine wesentlich stabilere chemische Verbindung mit erhöhter Sicherheit und einer rund zehnfach höheren Zyklenfestigkeit zur Verfügung.

Das DC-USV-System UPSI von Bicker enthält einen bidirektionalen Buck-Boost-Wandler. (Bild: Bicker Elektronik GmbH)

Das DC-USV-System UPSI von Bicker enthält einen bidirektionalen Buck-Boost-Wandler. (Bild: Bicker Elektronik GmbH)

Einfluss der Betriebstemperatur

Besteht die Möglichkeit DC-USV und Energiespeicher von der heißen Maschinenumgebung zu separieren, so sind klassische Lithium-Ionen-Batterien eine gute Wahl, da sie aufgrund der hohen Energiedichte verhältnismäßig kostengünstig sind. Muss der Energiespeicher nah an der Maschine oder in einer wärmeren Umgebung platziert werden und damit höhere Einsatztemperaturen verkraften, eignen sich LiFePO4-Batterien oder wartungsfreie Supercaps wesentlich besser. Bei extrem niedrigen oder hohen Temperaturen und entsprechend großem Energiebedarf bieten sich schließlich Reinblei-Zinn-Zellen als besonders robuste und langlebige Energiespeicher an. Generell gilt in diesem Zusammenhang die RGT-Regel (Reaktionsgeschwindigkeit-Temperatur-Regel), welche vereinfacht besagt, dass sich bei einer Temperaturerhöhung von 10°C die Lebensdauer der Komponenten halbiert. Deshalb sollte der Analyse und Optimierung des Temperatur- und Wärmemanagements einer Applikation besonderes Augenmerk geschenkt werden, zumal dies nicht nur die Lebensdauer des Energiespeichers, sondern aller elektronischen Komponenten eines Endgerätes verlängert.

 (Bild: Bicker Elektronik GmbH)

(Bild: Bicker Elektronik GmbH)

Applikationsspezifische Dimensionierung

Zunächst sollte im Rahmen der Dimensionierung hinterfragt werden, welche Komponenten der Applikation bei einem Stromausfall tatsächlich abgesichert werden müssen. Bspw. kann in einem System der Anteil des Energieverbrauches für ein integriertes Display bei rund 40 Prozent liegen. Das heißt, wenn das Display bei einem Stromausfall nicht zwingend weiter betrieben werden muss, sondern lediglich die Steuer- und Regeleinheit, lassen sich bis zu 40 Prozent Batteriekapazität und somit Platz und Kosten einsparen. Zur Berechnung der benötigten Batteriekapazität in Wattsekunden (Ws) oder Joule (J) multipliziert man für den USV-Betrieb die mittlere Leistungsaufnahme (W) mit der gewünschten Überbrückungszeit (Sekunden). Die tatsächlich benötigte Batteriekapazität liegt jedoch höher als der rein rechnerisch ermittelte nominale Wert, da Wirkungsgradverluste und niedrigere Spannungen aufgrund von Temperaturänderungen berücksichtigt werden müssen, sowie die Tatsache, dass Batteriezellen in Abhängigkeit vom Entladestrom und der Temperatur unterschiedlich nutzbare Kapazitäten aufweisen und letztlich auch altern. Zudem kann die auf den Zellen angegebene Batteriekapazität in der Regel nicht voll genutzt werden, da die Einhaltung der Grenzwerte für Überspannung (OV) und Unterspannung (UV) immer eine gewisse Restkapazität erfordert. Generell sollten immer auch Leistungsreserven eingeplant werden.

Unterschiede der verschiedenen Batterietechnologien in Bezug auf Energie- und Leistungsdichte. (Bicker Elektronik GmbH)

Unterschiede der verschiedenen Batterietechnologien in Bezug auf Energie- und Leistungsdichte. (Bicker Elektronik GmbH)

Steuerungs- und Ladetechnik

Neben der reinen Batterietechnik spielt selbstverständlich auch die funktionale Ausstattung der Steuerungs- und Ladetechnik eine entscheidende Rolle. Beim DC-USV-System UPSI von Bicker Elektronik leitet die Steuerungseinheit im Normalbetrieb die Eingangsspannung direkt an den Ausgang weiter und lädt parallel den Energiespeicher. Die PowerSharing-Funktion sorgt dafür, dass die vorgeschaltete AC/DC-Stromversorgung nicht überdimensioniert werden muss, sondern die Eingangsleistung konstant gehalten und entsprechend angepasst auf Last und Lader verteilt wird. Das heißt, bei geringer Last am Ausgang fließt mehr Energie in den Lader und umgekehrt. Gleichzeitig misst und überwacht das System alle relevanten Parameter, Ströme und Spannungen. Unterschreitet die Eingangsspannung den unteren Schwellwert aufgrund starker Spannungsschwankungen oder eines kompletten Stromausfalls trennt ein MOSFET den Eingang ab und der DC-Ausgang bzw. die angeschlossene Last wird aus dem Energiespeicher heraus versorgt. Der Wechsel vom Netz- in den Backup-Betrieb erfolgt innerhalb weniger Mikrosekunden. Für den Lade- und Entladeprozess wurde beim Bicker UPSI-System ein bidirektionaler Wandler (Buck-Boost) als zentrales Element implementiert. Dadurch ist es möglich, Bauteile und Kosten einzusparen, sowie gleichzeitig einen sehr effizienten und sicheren Betrieb zu gewährleisten.

Die Supercap-DC-USV-Module UPSIC (Open-Frame) und UPSIC-D (DIN-Rail) dienen u.a. zur Absicherung von kompakten Embedded-Computern und Robotiksystemen. (Bicker Elektronik GmbH)

Die Supercap-DC-USV-Module UPSIC (Open-Frame) und UPSIC-D (DIN-Rail) dienen u.a. zur Absicherung von kompakten Embedded-Computern und Robotiksystemen. (Bicker Elektronik GmbH)

Echtzeit-Monitoring und Reboot-Funktion

Intelligente DC-USV-Systeme verfügen über ein Echtzeit-Monitoring und können mittels integrierter Kommunikationsschnittstellen fernüberwacht und -gesteuert werden. Mit Hilfe der USV-Management-Software lassen sich Betriebsdaten übersichtlich visualisieren, Parameter anpassen und mögliche Alarm- und Hinweisroutinen definieren. Die Einbindung und Überwachung kann zudem mit Hilfe umfangreicher Befehlssätze auf Basis des Kommunikationsprotokolls umgesetzt werden. Für PC-basierte Applikationen sollte seitens der DC-USV die Möglichkeit bestehen, das System bei längerer Absenz der Versorgungsspannung kontrolliert herunterzufahren und wichtige Betriebsdaten zu sichern. Eine automatische Trennung des Batteriepacks nach erfolgtem Shut-Down verhindert, dass der Energiespeicher durch den Wandler weiter belastet wird und so in die Tiefenentladung gerät. Die integrierte Reboot-Funktion leitet nach wiederkehrender Versorgungsspannung selbstständig den Neustart des PC-Systems ein, ohne dass eine aufwendige Vorort-Intervention eines Service-Mitarbeiters notwendig wäre, z.B. bei vollkommen autarken Rechnersystemen an unzugänglichen Standorten. Zusätzlich erlaubt eine Batterie-Start-Funktion den (getrennten) Energiespeicher bei Bedarf auch manuell zu aktivieren und die Applikation initial aus der Batterie heraus zu starten, um beispielsweise eine Diagnose durchzuführen.

Das Supercap-DC-USV-Modul UPSIC (Oper-Frame) bzw. UPSIC-D (DIN-Rail) dient u.a. zur Absicherung von kompakten Embedded-Computern und Robotiksysteme (Bicker Elektronik GmbH)

Das Supercap-DC-USV-Modul UPSIC (Oper-Frame) bzw. UPSIC-D (DIN-Rail) dient u.a. zur Absicherung von kompakten Embedded-Computern und Robotiksysteme (Bicker Elektronik GmbH)

Flexibler Einsatz verschiedener Technologien

Damit die DC-USV flexibel mit verschiedenen Batteriechemien eingesetzt werden kann, sollten drei Ladeverfahren mit individueller Anpassung der Ladeschlussspannung implementiert sein: Constant Current, Constant Voltage und Constant Power. Beim UPSI-System verfügt jeder Energiespeicher über ein Batteriemanagement-IC, das via I²C-Bus mit der USV-Steuerelektronik kommuniziert. Ein Mikrocontroller (µC) erkennt Art und Daten des Akkus und passt die Lade- und Entladeparameter an. Somit kann ein Kunde sich auch zu einem späteren Zeitpunkt für eine andere Batterietechnologie entscheiden. Durch die Hot-Swap-Funktion lässt sich der Energiespeicher sogar während des Betriebs wechseln.

Batteriemanagement

Insbesondere beim Einsatz von Lithium-Ionen-Energiespeichern ist hinsichtlich der Optimierung von Lebensdauer und Sicherheit ein Batterie-Managementsystem (BMS) zwingend notwendig. Das BMS überwacht und steuert den kompletten Lade- und Entladevorgang jeder Batteriezelle des Energiespeichers. Eine wichtige Kernaufgabe des BMS ist das sogenannte Cell-Balancing. Innerhalb eines Energiespeichers werden zur Erhöhung der Nennspannung mehrere Einzelzellen in Reihe geschaltet. Aufgrund von Fertigungstoleranzen und unterschiedlich starker Alterung der Zellen unterscheiden sich diese in Kapazität und Innenwiderstand. Die Leistungsfähigkeit und Gesamtkapazität des Lithium-Ionen-Batteriepacks richtet sich in diesem Fall nach der ’schwächsten‘ Zelle im Verbund, da diese beim Ladevorgang als erste den Spannungsgrenzwert für die Ladebegrenzung erreicht und somit die vollständige Aufladung der restlichen Zellen verhindert. Das Cell-Balancing (aktiv oder passiv) gleicht diese Unterschiede zwischen den einzelnen Verbund-Batteriezellen durch entsprechende Beschaltung aus und sorgt für eine ausgewogene und gleichmäßige Ladung aller Zellen, so dass die volle Kapazität des Energiespeichers nutzbar bleibt, sowie Zyklenanzahl und Lebensdauer erhöht werden.

Verlängerte Lebensdauer

Mit dem Batterie-Relax-Modus greift Bicker Elektronik die Problematik auf, dass in sehr vielen DC-USV-Systemen der Batteriepack oft über sehr lange Zeit (gegebenenfalls über Monate) auf Ladeschlussspannung am Lader betrieben wird, um die volle USV-Bereitschaft jederzeit zu gewährleisten. Wenn jedoch Lithium-Ionen-Zellen über derart lange Zeiträume unter ständiger Belastung im Ladeschluss-Zustand bleiben, nimmt die Lebensdauer der Zellen nach einigen Monaten stark ab. Zur Schonung der Zellen ist es daher notwendig, dass nach einer definierten Zeit der Lade-MOSFET bei Ladeschluss deaktiviert wird. Der Entlade-MOSFET bleibt weiterhin aktiv, so dass eine Entladung jederzeit möglich ist. Bei detektierter Entladung (USV-Betrieb nach Stromausfall) wird der zuvor deaktivierte Lade-MOSFET unmittelbar wieder zugeschaltet, so dass der Stromfluss über die Body-Diode nur wenige Mikrosekunden andauert und der Lader in den regulären Betriebsmodus zurückkehrt.

Bauformen und Einsatzgebiete

Für die Implementierung bieten sich entweder besonders kompakte Bauformen an, die alle Komponenten auf einem Modul vereinen oder modular aufgebaute Systeme. Beispielsweise kann das Supercap-DC-USV-Modul der UPSIC-Serie mit einer Grundfläche von nur 135×79,5mm direkt in kompakte Robotik- und Automatisierungssysteme zur Absicherung einzelner Aktoren oder Sensoren integriert werden oder Low-Power-Embedded-Computersysteme absichern. Bei größerem Energiebedarf, z.B. in der Steuerungs-, Sicherheits- und Regeltechnik, bieten sich modulare und flexible DC-USV-Systeme mit separaten Energiespeichern an. Diese können bei Bedarf zu einem späteren Zeitpunkt gegen Energiespeicher höherer Kapazität oder mit alternativer Batterietechnologie ausgetauscht werden. Für die Anwendung der genannten Lösungen innerhalb von Schaltschränken bieten Hersteller wie Bicker neben voll integrierbaren Open-Frame-Versionen auch besonders robuste und geschlossene DIN-Rail-Versionen der Energiespeicher mit Aluminiumgehäuse und Schnellmontagehalterung für die Hutschiene an.

Fazit

In Anbetracht der unterschiedlichen Anforderungsprofile an eine USV sollte bei der Auswahl zunächst immer die individuelle Design-In-Beratung und applikationsspezifische Konzeption gemeinsam mit dem Stromversorgungshersteller stehen. Denn ein durchdachtes und bedarfsgerechtes Konzept kann, hinsichtlich der tatsächlich abzusichernden Komponenten, die Gesamtkosten für das DC-USV-System deutlich senken, ohne das Risiko zu erhöhen.

Bicker Elektronik GmbH
www.bicker.de

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