„Wir ergänzen unser Entwicklungs- und Fertigungs-Know-how für kundenspezifische Elektronikbaugruppen durch einen starken Baukasten industrieller Gehäusetechnik“

„Wir ergänzen unser Entwicklungs- und
Fertigungs-Know-how für kundenspezifische Elektronikbaugruppen durch einen starken Baukasten industrieller Gehäusetechnik“

Der Entwicklungs- und Fertigungsdienstleister Heitec hat Ende des Jahres 2012 das Portfolio an Aufbausystemen des Schaltschrankherstellers Rittal übernommen. Damit stehen Anwendern sowohl einzelne Komponenten als auch komplette Elektroniksysteme zur Verfügung. Aufgrund der Aufbausysteme kann der Anbieter von Electronics Manufacturing Services bereits während der Entwicklung die Abwärme der Hardware über das Gehäuse berücksichtigen. embedded Design spricht mit Roland Chochoiek, Geschäftsbereichsleiter Elektronik bei der Heitec AG, über die Vorteile, Gehäuse, Elektronik-Entwicklung und -Fertigung von einem Unternehmen aus einer Hand zu erhalten.

Ende 2012 haben Sie das komplette Portfolio an Aufbausystemen von Rittal übernommen. Welche Produkte bieten Sie damit an?

Roland Chochoiek: Mit den von Rittal übernommenen Produkten haben wir nun ein vollständiges Produktportfolio für Elektronikaufbausysteme. Das reicht von Komponenten und Einzelteilen wie Führungsleisten, EMV-Federn, Auswurfhebeln für Platinen, Frontblenden bis hin zu verschiedenen Profilen. Die Produkte bieten wir in 19″-Technik, aber auch in anderen Größen an. Darauf aufbauend bieten wir vormontierte Produkte für Baugruppenträger unterschiedlicher Formen an. Sie lassen sich mit oder ohne Bus-Platinen ausrüsten, also mit Standard-Bus-Systemen oder auch kundenspezifischen Systemen. Als nächste Stufe haben wir Systemplattformen im Programm. Das sind vorkonfigurierte Systemgehäuse, in denen Stromversorgung, Backplane und Lüftung sowie Kühlung integriert sind. Diese bilden Anwendern eine Plattform und durch Einstecken von Elektronikkarten können sie selbst ein System erstellen. Diese Produkte haben wir komplett von Rittal übernommen – über 2.000 Artikel. Darauf aufbauend erstellen wir kunden-individuelle Lösungen. Das kann sich ausschließlich auf die Mechanik beziehen, indem wir nur das Gehäuse liefern. Anwender integrieren dann die Elektronik, in Form intelligenter Karten. Das können von den Anwendern selbst entwickelte Karten sein, Karten von Standard-Boardherstellern oder aber unsere kundenspezifisch erstellten Produkte.

Gibt es bereits Neuentwicklungen im Bereich der Gehäuse?

Chochoiek: Nein, wir entwickeln jedoch gerade eine Roadmap. Zunächst analysieren wir, wo wir mit dem Portfolio stehen und was unsere Kunden wünschen. Z.B. zeigt sich im Bereich der Tischsystemgehäuse, dass die Gehäuse kleiner werden. Bislang haben wir diese nur kundenspezifisch erstellt. Wir planen nun, unser Portfolio in diese Richtung auszubauen.

Ihre Kernausrichtung sind anwenderspezifische Hardware/Software und professionelle Aufbausysteme?

Chochoiek: Ja, wir bauen Elektronik-Karten, aber nicht als Standard-Produkte. Auf das modulare Aufbau-System lässt sich jedes System erstellen, sowohl mit als auch ohne kunden- oder applikationsspezifische Variationen. Anwender erhalten also sehr schnell und kosteneffizient die Möglichkeit, ein Systemgehäuse aufzubauen. Die Hard- und Software, die in die Gehäuse integriert wird, bieten wir als Additivlösungen an. Wir ergänzen unser Entwicklungs- und Fertigungs Know-how für kundenspezifische Elektronikbaugruppen durch einen starken Baukasten industrieller Gehäusetechnik .

Welche Zielmärkte sprechen Sie damit an?

Chochoiek: Unsere Dienstleistungen richten sich an Industrie-Anwender, klassische Industrie und Automatisierung, aber auch Kommunikation wie Telekommunikation und Datenkommunikation, aber auch Sicherheitstechnik, Verkehrstechnik, Luft- und Raumfahrt sowie Medizin. Im Automobil-Umfeld entwickeln wir ebenfalls Systeme, beispielsweise. bei Prüfsystemen.

Wann bietet es sich denn an, ein fertiges System zu nutzen oder eines entwickeln zu lassen?

Chochoiek: Wenn fertige Systeme auf dem Markt existieren, sollten Anwender immer diese nutzen und nicht das Rad neu erfinden. Doch oft benötigen Anwender spezielle Funktionen, die sich an fertige Systeme adaptieren lassen. Ist die Applikation dann sehr weit weg vom Standardprodukt, bietet sich eine Neuentwicklung jedoch an. Wenn Kunden zu uns kommen, erstellen wir für die Zielanwendung zunächst ein Systemkonzept mit einem Proof of Concept. Es soll klären, ob das System so funktionieren kann und wie es sich kostengünstig und marktorientiert erstellen lässt. Oft ergibt sich eine Kombination aus Standardprodukten mit individueller Anpassung.

Risikoanalyse und Zertifizierung sind Punkte, die Anwender immer wieder erfragen. Welche Unterstützung bieten Sie hier an?

Chochoiek: Als Teil der Dienstleistung im Bereich Entwicklung, Fertigung und Integration bieten wir auch die Zertifizierung für die Zielapplikation als Dienstleistung an. Wir arbeiten hier mit akkreditierten Laboren zusammen, um Freigaben zu bekommen. Parallel zur Entwicklung generieren wir die Dokumentation als Vorbereitung, um die entsprechende Zertifizierung zu bekommen. Hilfestellung geben wir in der Risikoanalyse, indem wir untersuchen, welche Fehler auftreten können und welche Folgen diese bergen. Hier steigen wir ebenfalls bereits in der Entwicklungsphase ein.

Wie sichern Sie die Langzeitverfügbarkeit der Produkte und Komponenten?

Chochoiek: Langzeitverfügbarkeit stellt in der Tat immer eine Herausforderung dar: Bei der individuell erstellten Elektronik zeigt sich oft, dass bereits bei Abschluss der Entwicklung des Gesamtsystems die ersten Komponenten abgekündigt werden. Wir schauen bei der Auswahl der Komponenten daher auf die Roadmap der jeweiligen Chip-Hersteller, um zu erfahren, welche Produkte demnächst abgekündigt werden oder ob sie sich auf einer Embedded Roadmap befinden. Diese zeigt Lieferzusagen auch für verschiedene Komponentenhersteller auf. Wenn das Produkt dann in die Produktion geht, achten wir darauf, dass diese so lange gebaut werden können, wie es für die Anwender erforderlich ist. Wir versuchen Abkündigungen zudem durch intelligente Produkte abzufedern. Wir kaufen aber Komponenten und lagern sie ein. Manchmal ist jedoch auch ein Re-Design notwendig. Hier bieten wir Produktlebenszyklus-Management über die nächsten zehn oder 20 Jahre an.

Wie viele Entwickler arbeiten für Sie? Wie können Sie so viele Branchen und Kompetenzen abbilden?

Chochoiek: Wir beschäftigen rund 100 in Deutschland, Erlangen, München und Chemnitz sowie in Rumänien. Darunter befinden sich sogenannte Kompetenz-Spezialisten für die Entwicklung von FPGA, industrielle Kommunikation etc. und Branchenspezialisten u.a. für Medizin, Industrie oder Luft- und Raumfahrt. Sie kennen sich u.a. in Wortschatz, Besonderheiten in der Dokumentation und den Prozessen aus. So ist der Wortschatz bspw. in der Medizintechnik anders ausgeprägt als in anderen Branchen. Auch wenn die Prozesse ähnlich sind, ist die Ausprägung, die dann auch für den Freigabeprozess und die Zertifizierung erforderlich ist, anders. Wir bringen Fach- und Branchenspezialisten zusammen und können aus dieser Matrix ein breites Spektrum an Anwendungen abdecken.

Wie können Anwender sicherstellen, dass die Daten, die in Ihrem Unternehmen für Kunden erstellt werden, nicht an die Konkurrenz weitergegeben werden?

Chochoiek: Das ist ein kritisches Thema. Kunden müssen – und können bei uns – sehen, dass wir das Know-how nicht für eigene Produkte nutzen. Wir treten nicht als Mitbewerber auf, daher machen wir im Elektronikbereich keine Standardprodukte. Dass Daten nicht an Mitbewerber fließen, sichern wir unseren Kunden vertraglich. Geistiges Eigentum und Daten der Produkte gehören den Kunden. Unsere Entwickler bieten jedoch Know-how, das sie u.a. aus anderen Projekten erworben haben. Vertraglich können wir zusätzlich absichern, das wir für bestimmte Konkurrenten nicht entwickeln.

Welche Trends und Herausforderungen sehen Sie für die Zukunft?

Chochoiek: Wir sehen, dass Kunden möglichst vieles aus einer Hand bekommen möchten. Oftmals sindUnternehmen, die sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren wollen, gleich auf Dienstleister angewiesen. Wir bieten hier den Vorteil, dass wir gleich mehrere Kompetenzen anbieten: Entwicklung, Fertigung und Gehäuse aus einer Hand. Technologisch sehen wir einen Trend zu immer kleineren und gleichzeitig immer schnelleren, performanteren Boards. Hier können wir die Komplettlösung ansehen und die Wärmeableitung über das Gehäuse berücksichtigen. Wir teilen das komplexe System auf, betrachten die Verlustleistung und auch die Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV). Hier zeigt sich eine Herausforderung, die künftig noch zunehmen wird: Einerseits muss die Hardware EMV-sicher sein, andererseits gilt es, die Verlustleistung bzw. Abwärme abführen. Hohe Taktung der Prozessoren bedeutet hohe Verlustleistung. Da ist der Systemgedanke nicht außer Acht zu lassen. Dies wird häufig unterschätzt und muss daher früh in der Entwicklung angedacht werden. (jhn)

HEITEC AG
www.heitec.de

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