Fahrzeugsicherheitssysteme MEMS-Beschleunigungssensoren

Fahrzeugsicherheitssysteme
MEMS-Beschleunigungssensoren

Viele Regierungen arbeiten an der Einführung von Fahrzeugsicherheitsprogrammen, die den Schwerpunkt von passiven hin zu aktiven Sicherheitssystemen verlagern. Zum Beispiel müssen alle neuen Fahrzeuge bis 4,5 Tonnen, die in den USA auf den Markt kommen, bis 2012 mit ESP ausgestattet werden. Und die Europäische Kommission hat diese Sicherheitsvorschriften für ESP in Neuwagen ab November 2014 übernommen und folgt damit großen Ländern wie Brasilien, Japan und Südkorea, die bereits ihre eigenen ESP-Vorschriften für 2012 und darüber hinaus bekannt gegeben haben. Freescale hat vor kurzem mit dem MMA6900Q einen XY low-g-Beschleunigungssensor vorgestellt, der sich sehr gut für ESP-Systeme eignet.
All diese Vorschriften sorgen für eine riesige Nachfrage und so ist es kein Wunder, dass Strategy Analytics kürzlich wissen ließ, dass Sicherheitssysteme im Zeitraum zwischen 2009 und 2014 zu den Anwendungen mit den höchsten Wachstumsraten zählen werden. Dies wiederum eröffnet neue Geschäftschancen für die Hersteller von MEMS-Sensoren wie Freescale Halbleiter. Laut iSuppli konnte sich das Unternehmen 2009 Platz eins der Rangliste der führenden Anbieter von MEMS-Beschleunigungssensoren für die Automobiltechnik sichern. Die Nachfrage, die von 26 Millionen Systemen heute bis 2014 auf 44 Millionen Systeme steigen soll, wird vor allem durch die Realisierung unterschiedlichster aktiver Systeme wie ESP stimuliert. Nach den Schätzungen von iSuppli würde dies dann einem Bedarf von 47,7 Millionen MEMS-Beschleunigungssensoren entsprechen, und 66% davon sind Einzelkomponenten in Form von Zweiachsen-low-g-Sensoren.

Herausforderungen für Beschleunigungssensoren

Durch den Einsatz von Zweiachsen-low-g-Sensoren eröffnet sich darüber hinaus die Möglichkeit, neue Funktionalitäten wie eine Berganfahrhilfe oder eine elektrische Parkbremse (EPB) durch die exakte Messung der Fahrzeugneigung, beispielsweise an einem Hang, zu implementieren. Neben den ohnehin schon beachtlichen Anforderungen des ESP-Systems bedeutet die Einführung solcher Funktionen für den Beschleunigungssensor eine zusätzliche Herausforderung. In einem ESP-System werden die verschiedenen MEMS-Sensoren in der Regel sehr nahe am Schwerpunkt des Fahrzeugs platziert, und ihre Aufgabe besteht darin, die Bewegungen des Fahrzeugchassis kontinuierlich zu überwachen. Neben einem Sensor zur Messung der Gierrate – hier wird die Winkelgeschwindigkeit der Drehung eines Fahrzeuges um die Hochachse gemessen – kommt ein low-g-Trägheitssensor für die Erfassung der Querbeschleunigung des Fahrzeugs zum Einsatz. Das System kann damit über zusätzliche Informationen verfügen. Kommt das Fahrzeug ins Schleudern und ist deshalb schlecht steuerbar, so beträgt diese Beschleunigung weniger als 1g. Der Trägheitssensor muss daher hoch empfindlich sein, um auch geringe Beschleunigungskräfte mit hoher Genauigkeit erfassen zu können. Das heißt, dass der Baustein ein extrem rauscharmes Ausgangssignal liefern und so gut wie keine Temperaturdrift aufweisen darf, die den Beschleunigungswert verfälschen würde.

Hoch empfindlicher Trägheitssensor

Darüber hinaus muss der Beschleunigungssensor immun sein gegen parasitäre hochfrequente Signale, die rund um das Fahrzeugchassis auftreten können. Niederenergetische Signale mit großer Frequenzbandbreite sind allgegenwärtig, von ein paar 100Hz während normaler Fahrbedingungen bis hin zu einigen kHz, beispielsweise beim Fahren durch Schlaglöcher. Frequenzen oberhalb von 1kHz müssen ausgefiltert werden, damit sie die Ergebnisse des Sensors nicht beeinflussen. Per Definition reagiert ein Trägheitssensor äußerst empfindlich auf Beschleunigungen aller Art. Das winzige, in Oberflächen-Mikromaschinentechnologie hergestellte Sensorelement basiert auf einer seismischen Masse, die sich relativ zu einer festen Bezugsebene bewegt. Das Ausgangssignal des Sensors wird in der Regel mit Hilfe eines elektronischen Tiefpassfilters von parasitären hohen Frequenzen befreit. Ein Sensor mit einem überkritisch gedämpften Messelement, das diese unerwünschten höheren Frequenzanteile eliminieren kann, bietet auch in mechanischer Hinsicht weitere Vorteile. Freescale hat vor kurzem mit dem MMA6900Q einen hoch modernen XY low-g-Beschleunigungssensor vorgestellt, der allen diesen Herausforderungen gerecht wird. Er verfügt über sehr attraktive Eigenschaften und Funktionen und eignet sich bestens für ESP-Systeme. Der Sensor zeichnet sich durch sein robustes Design mit sehr guter Immunität gegen parasitäre Schwingungen und einen breiten Messbereich (± 3,5g) aus. So kann gewährleistet werden, dass das ESP-System auch noch bei einem Überschlag des Fahrzeugs funktioniert, bei dem Beschleunigungswerte von ± 1,7g auftreten können. Darüber hinaus wartet der Baustein mit einem rauscharmen Ausgang mit ± 50mg Offset-Stabilität über den gesamten Automotive-Temperaturbereich von -40 bis 105°C auf. Wie die meisten Beschleunigungssensoren von Freescale basiert auch der MMA6900Q auf einem kapazitiven, in Mikromaschinentechnologie gefertigten Sensorelement sowie einem Steuer-ASIC für die Signalaufbereitung (Wandlung, Verstärkung und Filterung) in einem kompakten, 6x6mm kleinen Plastikgehäuse. Eine der Schlüsselkomponenten für die Leistungsdaten des Bausteins ist das bewährte Automotive-Harmems-Sensorelement (High Aspect Ratio MEMS). Der Begriff Aspektverhältnis bezieht sich auf die Abmessungen der mechanischen Elemente des Messaufnehmers wie des frei beweglichen Teils des Masse-Feder-Systems bzw. den Spalt zwischen beweglicher und fester Kondensatorplatte. Das hohe Aspektverhältnis der Technologie wird durch eine Kombination aus einer 25µm dicken SOI-Schicht und schmalen, tiefen Gräben erreicht, die mithilfe des so genannten DRIE-Prozesses (Deep Reactive Ion Etching) definiert werden. Die elektrischen Verbindungen zum MEMS-Chip werden in der Harmems SOI-Prozesstechnologie (Silicon on Insulator) über eine aufgedampfte Polysiliziumschicht mit Luftbrücken hergestellt. Die Poly-Luftbrücken werden mithilfe einer Opfer-Oxidschicht geformt, nachdem die MEMS-Strukturen im DRIE-Verfahren ausgebildet wurden. Dann werden die MEMS-Strukturen in einem zeitlich genau definierten Ätzschritt freigelegt.

Bessere Langzeitstabilität der Bausteineigenschaften

Ein einkristallines SOI ermöglicht eine bessere Kontrolle des DRIE-Prozesses und gewährleistet eine bessere Langzeitstabilität der Bausteineigenschaften. Die dicke SOI-Schicht sorgt für eine bessere Steifigkeit und eine größere Masse der beweglichen mechanischen Komponenten sowie eine höhere elektrische Kapazität. Weitere Vorteile im Vergleich mit Standard-Oberflächen-MEMS-Verfahren liegen in einer höheren Empfindlichkeit mit einem verbesserten Rauschverhalten sowie einer höheren Zuverlässigkeit dank geringerer Reibung im Betrieb. Gehäuse und Bonddrähte werden mit ‚glass frit‘ hermetisch versiegelt, dabei wird allerdings kein Vakuum hergestellt. Der Messaufnehmer erfährt so bei Bewegung einen erheblichen Luftwiderstand und weist dadurch ein überkritisch gedämpftes mechanisches Verhalten mit einer natürlichen Grenzfrequenz unterhalb 1kHz auf. Und schließlich sorgt das hohe Aspektverhältnis des MEMS-Prozesses für eine geringe Fehlertoleranz des Systems. Dickere Kondensatorplatten resultieren in einer geringeren Verformung der Sensorstruktur aufgrund von Beanspruchungen des Gehäuses durch Temperaturschwankungen. Und das dank Harmems bessere Signal-Rausch-Verhältnis spiegelt sich in einer geringeren Verstärkung des Messaufnehmersignals im Sensorsystem wider. Durch den Messaufnehmer, das ASIC oder das Gehäuse induzierte Fehler werden reduziert und damit die Gesamtfehlerrate des Systems gesenkt.

Geringe Fehlertoleranz des Systems

Für die Signalaufbereitung kommt eine in der Automobiltechnik bewährte 0,25µm Analog-Mixed-Signal-Technologie zum Einsatz, die eine Kombination von hoch präzise arbeitenden Analogblöcken und schneller CMOS-Logik ermöglicht.

Integration von komplexen DSP-Blöcken

Dank ihrer hohen Dichte von 25K Gattern/mm² ist die Integration von komplexen DSP-Blöcken (Digitale Signalverarbeitung) mit vielfältigen Optionen zur Trimmung der verschiedensten Parameter möglich. Zwei unabhängig voneinander arbeitende 16-Bit Sigma-Delta-Wandler für die X-und Y-Kanäle bilden die Schnittstelle zwischen Sensorelement und DSP. Deren Auflösung konnte dank einer hohen Over-Sampling-Frequenz der SigmaDelta-Wandlung und damit eines besseren Störabstands und Dynamikbereichs weiter verbessert werden. Die maximale Erholzeit nach einem beschleunigungsbedingten Überlastzustand liegt bei 4ms. Eine komplett integrierte digitale Signalaufbereitung bringt Vorteile wie Programmierbarkeit (Filter, Messbereich) und Selbstdiagnose mit sich. Funktionen zur Gewährleistung der Datenintegrität sorgen für eine höhere Ausfallsicherheit des Systems. Zur Strategie gehören eine kontinuierliche Prüfung der Datenarrays und SPI-Befehle auf Parität. So können mögliche ‚Bitflips‘ während des Betriebs erkannt werden. Sollte einer dieser Integritätstests fehlschlagen, dann reagiert der Baustein mit einer Fehlermeldung und verhindert somit, dass Kommunikationsfehler als gültige Beschleunigungsmesswerte fehlinterpretiert werden. Die Temperatur und alle kritischen internen Spannungen des Bausteins werden kontinuierlich überwacht und damit die Genauigkeit der Beschleunigungsmessung verbessert. Beim Über- oder Unterschreiten der vorgegebenen Spannungswerte fährt der Baustein in den Resetzustand, und bei Überschreitung einer bestimmten Temperaturschwelle gibt er eine Fehlermeldung aus. Der Baustein verfügt über einen rauschfreien 11-Bit Datenausgang und ist damit weniger anfällig für Layout-abhängige Störeinflüsse auf der Platine. Darüber hinaus bietet er dem Systementwickler ein Höchstmaß an Flexibilität, da die Stromversorgung wahlweise mit 3,3 oder 5V erfolgen kann.

Genauere Beschleunigungsmessung

Der MMA6900Q wird in einem 6x6x1,98mm kleinen QFN-Gehäuse mit 16 Kontakten geliefert. Durch den Einsatz dieses Industriestandard-Gehäuses können die Platinen kleiner gehalten werden. Außerdem bietet es eine bessere Immunität gegen parasitäre Schwingungsanteile. Tatsächlich liegt die Eigenresonanzfrequenz des Gehäuses bei zirka 160kHz (nach FEA-Methode ermittelt) und damit weit über eventuellen Störfrequenzen, die man in einem Fahrzeug antrifft.

Freescale Halbleiter Deutschland GmbH
www.freescale.com

Das könnte Sie auch Interessieren