Make or buy?

Grundsätzlich impliziert die jeweilige strategische Stoßrichtung bereits die Antwort auf die Frage, ob die Eigenentwicklung einer IoT-Plattform sinnvoll ist. In Bezug auf die Smart Value Chain empfiehlt sich für die Anwender vernetzter Geräte, Maschinen und Anlagen die Verwendung einer Standard-IoT-Plattform, anstatt aufwändig das ‚Rad neu zu erfinden‘ und die üblichen Schnittstellen und Datenprotokolle selbst zu schaffen und anzubinden. Wenn es um ‚Smart Products & Services‘ geht, sprechen zahlreiche gewichtige Argumente gegen eine Eigenentwicklung: Die Realisierung von IoT-Lösungen auf Basis selbst entwickelter Plattformen dauert mit etwa zwei bis vier Jahren deutlich länger als bei der Verwendung kommerzieller IoT-Plattformen – zu langsam für viele Märkte. Wesentlich höhere Entwicklungskosten entstehen initial und laufend für die Weiterentwicklung. Teilweise gibt es erhebliche funktionale Nachteile aufgrund des fehlenden Ökosystems, das die großen Plattformen bereits über Jahre aufgebaut haben. Nicht zuletzt könnte ein hoher Aufwand für die laufende Aktualisierung der IT-Security auf Unternehmen zukommen – für Plattformanbieter dagegen eine ihrer Kernkompetenzen. Richtig ist jedoch, dass domänenspezifisches Know-how nicht mit den Anbietern der IoT-Plattformen geteilt wird, schließlich sind Daten ‚das neue Öl‘ mit oftmals noch unbekanntem strategischen Wert. Dies lässt sich jedoch deutlich schneller und günstiger durch eine intelligente IT-Architektur gewährleisten, anstatt die gesamte IoT-Plattform selbst zu entwickeln.

Wichtig an dieser Stelle ist auch die Unterscheidung zwischen den hier thematisierten technischen IoT-Plattformen und sogenannten Plattform-Geschäftsmodellen. Letztere sind enorm skalierende digitale Angebote wie beispielsweise Uber, Airbnb oder Facebook, die viele verschiedene Individuen oder Parteien vernetzen. Deren grundlegender strategischer Erfolgsfaktor sind jedoch Netzwerkeffekte und nicht notwendigerweise die Überlegenheit der technologischen Plattform. Kurz: Auch Plattform-Geschäftsmodelle im IoT erfordern keinesfalls die Eigenentwicklung einer technischen IoT-Plattform, sondern lassen sich – bis auf die folgende Ausnahme – auch mit Standard-Plattformen abbilden. Ist das Ziel des IoT-Projektes die ‚IoT Platform Monetization‘, geht es tatsächlich um den Wettbewerb mit den existierenden kommerziellen IoT-Plattformen am Markt. Dabei wird in der Regel auf Basis bestehender IaaS-Cloud-Services wie beispielsweise Amazon Web Services oder Microsoft Azure eine eigene PaaS-Lösung angeboten. Zu bedenken ist jedoch, dass mit über 500 Angeboten fast jede attraktive Nische entweder bereits erschlossen ist oder dies zeitnah erfolgen wird.

Weiterhin sind die Kosten für den Aufbau einer IoT-Plattform enorm. Die großen Anbieter investieren jährlich jeweils bis zu eine Milliarde Euro allein in die Weiterentwicklung ihrer Lösungen. Wenige Anbieter machen jedoch bislang tatsächlich signifikante Umsätze damit. Der Wettbewerb ist enorm, eine Marktbereinigung durch Zusammenschlüsse, Akquisitionen und die Schließung von IoT-Plattformen in Kürze zu erwarten. Auch für Unternehmen aus Branchen, in denen das Angebot einer eigenen IoT-Plattform aus strategischen Gründen grundsätzlich sinnvoll sein kann – beispielsweise im Segment der Industrieautomation – will eine solche Investition also wohlüberlegt sein.

Ausblick

Die Eigenentwicklung von IoT-Plattformen macht nur in absoluten Ausnahmefällen Sinn. Mit einer Standard-IoT-Plattform lassen sich fast alle Anwendungsfälle – sowohl im Bereich Smart Value Chain als auch für Smart Products & Services deutlich schneller, günstiger und sicherer abdecken. Wichtig ist dabei jedoch eine sorgfältige Auswahl der Plattform sowie eine intelligente IT-Architektur, die domänenspezifische Daten vor dem Zugriff der Plattformanbieter schützt. Dabei ist die Hinzuziehung erfahrener und unabhängiger IoT-Systemintegratoren zu empfehlen, um teure und langwierige Fehlentscheidungen bei der Plattformauswahl zu vermeiden sowie eine schnelle und reibungslose Lösungsentwicklung zu gewährleisten.

Autor: Jan Rodig,
tresmo GmbH
www.tresmo.de

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