Schwarmmissionen im Weltraum

Schwarmmissionen im Weltraum

Inter-Satelliten-Kommunikation für Kleinsatelliten

Die ersten Formationsflüge im Erdorbit wurden durch die Missionen TanDEM-X und Prisma erfolgreich demonstriert. Die Zwillingssatelliten TanDEM-X und TerraSAR-X vermessen die Erdoberfläche mittels Syntetic Aperture Radar (SAR) und liefern ein präzises Höhenmodell der Erde. Der potentielle Nutzen von Schwarmmissionen bzw. Formationen ist längst nicht ausgereizt und kann auch im Bereich von Rendezvous & Docking, ‚Deep-Space‘-Erkundung, Automatisierungstechnik oder Robotik neue Anwendungsfelder erschließen. Speziell der Einsatz von vernetzten Kleinsatelliten eröffnet künftig wirtschaftliche Potentiale zur kosteneffizienten Umsetzung und Demonstration von Weltraumtechnologien und ihren Anwendungen.
Während Satellitenkonstellationen eine Anordnung von Satelliten in der Erdumlaufbahn beschreiben, definiert sich eine Formation durch mindestens zwei Satelliten. Diese tauschen über eine Inter-Satelliten-Verbindungen (ISL) Missionsdaten aus. Je nach Anwendung halten die Formationsteilnehmer einen konstanten Abstand zueinander, führen Formationsflüge durch oder bilden Satellitennetzwerke. Der Einsatz von Formationen zur Erdbeobachtung ermöglicht z.B. eine hohe räumliche und zeitliche Auflösung. Speziell Kleinsatelliten verfügen über ein großes Potential zur Demonst-ration von Schlüsseltechnologien für Formationen im Weltall, da sie aufgrund der schnellen Verfügbarkeit und kürzeren Entwicklungszeiten auch kostengünstig in den Erdorbit gebracht werden können. Die Relativabstände der Schwarmsysteme müssen durch ein effektives Navigationssystem erfasst und mittels der Inter-Satelliten-Kommunikation an weitere Satelliten im Schwarm verteilt werden. Eine zusätzliche Anforderung stellt die Energieversorgung dar. In der Entwurfsphase eines Kleinsatelliten muss diese Einschränkung beachtet werden, da speziell dieser in seinem Energie- und Platzressourcen stark eingeschränkt ist. Im Fachbeitrag werden im Folgenden die Inter-Satelliten-Kommunikation und ihre technischen Herausforderungen betrachtet. Diese fungiert als Grundlage eines Schwarms, da die Verteilung von Relativabständen, Geschwindigkeiten, Lagedaten und weiteren Missionsdaten mit Hilfe der Inter-Satelliten-Kommunikation realisiert wird.

Protokolle für die Inter- Satelliten-Kommunikation

Abbildung 2 stellt einige Beispiele für terrestrische Netzwerkprotokolle vor. Die IEEE 802-Standards wurden vom ‚Institute of Electrical and Electronics Engineers‘ (IEEE) entworfen und unterscheiden sich in möglicher Reichweite, Datenrate, Störanfälligkeit und im verwendeten Frequenzbereich. Des Weiteren müssen auch der Dopplereffekt, Geschwindigkeiten zwischen den Formationsteilnehmern und Kontaktzeiten betrachtet werden. Anhand eines festgelegten Szenarios können hierfür die notwendigen missionsspezifischen Parameter abgeleitet und die entsprechende Hardware, z.B. Antenne oder Transceiver, umgesetzt werden. Zum Beispiel ermöglicht WIFI 802.11 Distanzen von 100 Metern bis zu 10 Kilometern und eine Datenrate von bis zu 54 Mbit/s. Eine Mobile WiMAX ermöglicht Distanzen bis zu 70 km. Die terrestrischen Standards IEEE 802.11 oder 802.16 haben sich in erdgebundenen Anwendungen bewährt und wurden auch von der ESA im Rahmen eines Dossiers untersucht. Die Adaption von bereits etablierten terrestrischen Protokollen reduziert die Kosten von Neuentwicklungen und ermöglicht den Einsatz dieser bewährten Technologien im Erdorbit. Ein weiteres Forschungsgebiet im Bereich der Kommunikation untersucht die Anwendbarkeit von MANETs. ‚Mobile Ad-Hoc-Netzwerke‘ (MANETs) sind selbstkonfigurierende autonome Netze ohne feste Infrastruktur mit mobilen Knotenelementen, welche keine zentrale Administration benötigen. In einem solchen Netzwerk verteilter Systeme wird nicht über einen allgemeinen Zugriffspunkt kommuniziert, sondern die einzelnen Netzelemente stellen eine Verbindung untereinander her. Terrestrisch für verschiedene Anwendungen bereits entwickelt und erprobt, stellen MANETs für Satellitenanwendungen ein Novum dar. Formationen mit mehr als zwei Teilnehmern eignen sich besonders für die Realisierung von Mobilen Ad-Hoc-Netzen. Des Weiteren können diese auch für große Satellitenkonstellationen in Betracht gezogen werden. Die adaptiven und autonomen Eigenschaften ermöglichen eine selbstständige Anpassung der Kommunikationsverbindungen, um z.B. Messdaten an Bodenstationen zu übertragen oder Daten zwischen den Satelliten auszutauschen. Zusammenarbeit von Industrie und Forschung vorantreiben

Die Anforderungen an Formationen und ihre technischen Herausforderungen wurden in den vergangenen Jahren in Machbarkeitsstudien und wissenschaftlichen Veröffentlichungen untersucht. Dieser Artikel gibt einen kurzen Einblick in die Problemstellungen und möglichen Lösungsansätze. Aufgrund des großen Potenzials und zahlreichen technischen Anforderungen bleibt es zukünftig ein interessantes und wichtiges Forschungsthema. Die Zusammenarbeit von Industrie und Wissenschaft kann hierbei neuartige Entwicklungen voranbringen, die in Form eines Technologietransfers, auch in anderen Fachbereichen, z.B. Katastrophenschutz, zum Einsatz kommen. Die entscheidenden Aspekte bei der Auslegung eines Systems werden durch die Anwendungsszenarien bestimmt. Basierend auf einem Szenario können die entwurfsspezifischen Parameter, z.B. benötigte Datenrate oder Relativdistanzen zwischen den Satelliten, abgeleitet werden. Speziell in der Kommunikation sind dies wichtige Entwurfsparameter für die Auswahl terrestrischer Netzwerktechnologien für Weltallanwendungen.

Berner & Mattner Systemtechnik GmbH
www.berner-mattner.com

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