Fertige Daten statt Bits und Bytes

Middleware für batterielose Funktechnologie

Fertige Daten statt Bits und Bytes

Produktentwickler stehen häufig vor der Aufgabe, verschiedene Technologien zu einer Lösung zusammenzuführen zu müssen. Gleichzeitig soll das eigene Produkt möglichst kompatibel zu Geräten anderer Hersteller sein, um auch als Systemkomponente einen entsprechenden Markt zu bedienen. Da häufig offene Schnittstellen fehlen, sind fertige Softwarelösungen auf Lizenzbasis eine gute Alternative zu langwierigen Eigenentwicklungen. Eine solche Middleware gibt es jetzt erstmals auch für die Einbindung von batterieloser Funktechnologie in verschiedene Netzwerke.

Die Rolle der Middleware EnOcean Link in einem umfassenden Gebäudeautomationssystem. (Bild: EnOcean GmbH)

Die Rolle der Middleware EnOcean Link in einem umfassenden Gebäudeautomationssystem. (Bild: EnOcean GmbH)


Batterielose Funktechnologie nutzt das Energy-Harvesting-Prinzip, um Funkmodule mithilfe von Energiewandlern mit Strom zu versorgen. Das ermöglicht Sensor- und Aktorlösungen, die wartungsfrei ohne Batterien arbeiten und dadurch flexibler und langlebiger als klassische Funklösungen sind. Allerdings arbeitet die zentrale Steuerung meistens mit einem anderen Kommunikationsstandard, beispielsweise WLAN, GSM, Ethernet/IP, BACnet, LON, KNX oder DALI. Für die Übersetzung des einen Protokolls in das andere mussten Produkthersteller bislang für jeden Standard eine eigene Software entwickeln. Mit EnOcean Link gibt es jetzt eine Middleware, die batterielose Funktelegramme direkt in Datenwerte umwandelt. Dadurch dient sie als universelle Schnittstelle, um den batterielosen Funk in verschiedenste Anwendungen und Netzwerke einzubinden. Produkthersteller (OEMs) profitieren von einer deutlich verkürzten Entwicklungszeit.
Die Rolle von EnOcean Link als Middleware in einem Smart-Home-System. (Bild: EnOcean GmbH)

Die Rolle von EnOcean Link als Middleware in einem Smart-Home-System. (Bild: EnOcean GmbH)

Hauptfunktionalitäten

EnOcean Link berücksichtigt automatisch alle Spezifikationen des EnOcean-Protokoll-Stacks sowie der Anwendungsprofile (EnOcean Equipment Profiles, EEPs) der EnOcean Alliance. Zudem bietet sie Verschlüsselungsmechanismen und Remote Management. Die drei Hauptfunktionen der Software sind:

1. Eingehende Daten empfangen und anhand des jeweiligen standardisierten Profils interpretieren

2. Geräte automatisch unter Berücksichtigung der jeweiligen Einlern- und Speicherinformation einbinden

3. Ausgehende Daten in das benötigte Standardprofil übersetzen und an das weiterverarbeitende System weiterleiten

Die Middleware EnOcean Link dient als universelle Schnittstelle, um batterielose Funktechnologie in verschiedene Anwendungen und Netzwerke zu integrieren. Unabhängig davon, mit welchem Kommunikationsstandard diese arbeiten. (Bild: EnOcean GmbH)

Die Middleware EnOcean Link dient als universelle Schnittstelle, um batterielose Funktechnologie in verschiedene Anwendungen und Netzwerke zu integrieren. Unabhängig davon, mit welchem Kommunikationsstandard diese arbeiten. (Bild: EnOcean GmbH)

Der Protokoll-Stack

Das Protokoll (EnOcean Serial Protocol 3.0; ESP3) beschreibt die serielle Kommunikation zwischen einem Host und batterielosen Funkempfängern, wie beispielsweise einem EnOcean USB-Gateway. Ein Host kann in diesem Fall ein externer Microcontroller oder ein PC sein, auf dem anwendungsspezifische Software läuft. ESP3 ist ein Punkt-zu-Punkt-Protokoll mit einer Datenpaketstruktur. Dieses Protokoll enthält aktuelle Nutzerdaten (Payload), einen Befehl, ein Ereignis oder ein Antworttelegramm. Ein ESP3-Paket besteht aus Telegrammheader, Daten und optionalen Zusatzinformationen. Jede dieser Gruppen besteht aus Feldern mit 1 oder x Bytes. Der Telegrammheader z.B. setzt sich zusammen aus: Datenlänge (Anzahl der Bytes dieser Datengruppe), optionale Länge (Anzahl von Bytes der optionalen Datengruppe) und Paket-Typ (z.B. Funk, Antwort, Ereignis, Befehl).

Service auf verschiedenen Netzwerkebenen

Für den Betrieb eines batterielosen Funksensornetzwerks bietet EnOcean Link. Dienste auf verschiedenen Layern und verbindet sie miteinander zu einer übersichtlichen Nutzerschnittstelle. Auf dem Physical Layer empfängt die Middleware den UART-Datenstrom (Universal Asynchronous Receiver/Transmitter). Dieses Signal kann direkt von einem Gateway oder einem Backbone-System kommen, das davor optional getunnelt wurde, um das integrierte Payload-Protokoll weiterzuleiten. Der ESP3-Encoder befindet sich über dem physischen Layer auf der Data Link-Ebene. Dieser bringt die Telegramm-Datenfelder in die für die Weiterverarbeitung notwendige Form. Die wichtigsten Datenfelder sind dabei Payload und Sender-ID. Der sogenannte Profilinterpret, der auf den gespeicherten Anwendungsprofilen basiert, interpretiert letztendlich den Telegramm-Payload in lesbare Werte wie Temperatur oder Feuchtigkeit. Die Daten werden als Gerätekanäle (Device Channel) präsentiert und stehen der Anwendung durch die API-Schnittstelle zur Verfügung. Diese lässt sich direkt vom Quellcode der Applikation abrufen oder über ein getunneltes Protokoll, das EnOcean Link enthält.

Interpretation der Anwendungsprofile

Die jeweiligen Geräteprofile – also wie das Gerät Werte sendet und kodiert – beschreiben für die batterielose Funktechnologie die EEPs und sichern dadurch die Interoperabilität der Geräte. Basis ist der internationale Funkstandard ISO/IEC14543-3-10. In der Middleware sind die EEPs in einer erweiterten generischen Profildefinition zusammengefasst, den geräteunabhängigen Device Channel. Diese bilden das Herzstück der Applikationsschnittstelle. Durch die abstrahierte Darstellung der EEPs als Device Channel sind sie leichter für neue oder auch bestehende Anwendungen einsetzbar. Ein Device Channel setzt sich zusammen aus Channel_Type, Skalierungsinformationen (engineering minimum, engineering maximum, scale factor) und Sub_Flag. Sub_Flag kommt nur dann zum Einsatz, wenn ein Gerät mehrere Kanäle mit dem gleichen Channel_Type nutzt. In diesem Fall differenziert Sub_Flag die verschiedenen Kanäle. Die Middleware enthält drei verschiedene Channel_Type:

1. Signal – diese Kanäle übertragen physische, also messbare Werte wie z.B. Temperatur, Feuchtigkeit und Licht.

2. Flag – stellen Werte mit nur zwei Zuständen dar. Das umfasst an/aus, oben/unten und gedrückt/nicht gedrückt; wie beispielsweise bei einem Fensterkontakt.

3. Enum – Aufzählungen, die Zustände, Positionen, Schalter oder jede andere Art von Werten anzeigen, die nicht als Flag definiert und keine physikalische Einheit sind, z.B. von einem Raumbediengerät.

Integrierte Datenverschlüsselung

Neben Remote Management bietet die Middleware automatische Datenver- und -entschlüsselung als zusätzlich integrierte Funktionalität. Nutzen Funktelegramme Sicherheitsmechanismen auf der Luftschnittstelle, z.B. einen 24- oder 32-Bit langen Zahlen-basierten Authentifizierungscode (Cypher-based Message Authentication Code, CMAC) oder einen 128-AES-Algorithmus, entschlüsselt EnOcean Link diese, bevor ein externer Controller sie weiterverarbeitet. Umgekehrt kann die Middleware auch Daten verschlüsseln, bevor sie diese durch die Luftschnittstelle verschickt.

Anwendungsbeispiele

OEMs können die Middleware für jede Gateway-Applikation nutzen, um batterielose Funklösungen und Systeme in ein umfassenderes Netzwerk zu integrieren, das auf anderen Kommunikationsprotokollen wie BACnet, KNX, Z-Wave, ZigBee, Bluetooth low energy oder GSM basiert. In einer Smart- Home-Anwendung z.B. kann ein Gateway EnOcean Link einsetzen, um die Daten batterieloser Funksensoren wie Temperatur, Präsenz oder Lichtintensität sofort zu verarbeiten und an eine Steuerzentrale weiterzuleiten. In diesem Fall ist die Middleware Teil der Smart Home-Box und arbeitet zusammen mit der OEM-spezifischen Smart Home-Applikation auf der gleichen Hardware. Die Middleware kann aber ebenso Teil eines komplexeren Automationssystems für gewerblich genutzte Gebäude sein. In diesem Fall ist EnOcean Link auf einer zentralen Steuereinheit implementiert, z.B. einem Kontrollserver, der die gesamte Steuerung und Automationsintelligenz enthält. Dieser Server kann auch als Cloud-Dienst in einem externen Rechenzentrum stehen. Im Gebäude platzierte Gateways erfassen Funktelegramme von verteilten batterielosen Funksensoren und -aktoren und senden die für die Steuerung notwendigen Befehle an diese zurück. Die Gateways sind mit dem Kontrollserver via Backbone verbunden, der nicht mit EnOcean- oder einem anderen Funk arbeiten muss. Die Middleware in der Zentraleinheit interpretiert alle Telegramme, die über die Gateways eingehen und leitet sie sofort an das Automationssystem weiter. Unter www.enocean.com/de/enocean-software steht OEMs eine kostenlose Testversion von Enocean Link zum Download zur Verfügung. Diese enthält eine kleine Auswahl an Anwendungsprofilen sowie Anleitungen zur Grundfunktionalität der Software.

EnOcean GmbH
www.enocean.de

Das könnte Sie auch Interessieren