Zertifizierung nach Profinet V2.3

Zertifizierung nach Profinet V2.3

Netzwerkcontroller für höchste Ansprüche

Profinet verfolgt wie kaum ein anderer offener Industrial Ethernet-Standard einen ganzheitlichen Ansatz, um sich nachhaltig als Industriestandard zu etablieren. Mit der Verabschiedung der Spezifikation V2.3 in 2010 führte Profinet eine Reihe von Eigenschaften zur Effizienzsteigerung ein. Im Folgenden wird auf die wichtigsten Neuerungen eingegangen, um eine Profinet IO Device Baugruppe auf Basis des netX 51 Netzwerkcontrollers von Hilscher für Konformitätsklassen A, B und C mit Netzlastklasse III erfolgreich zu zertifizieren.

Die Profinet Spezifikation V2.3 hat einige neue Funktionen eingeführt, aber auch zahlreiche kleinere Optimierungen und Klarstellungen mit sich gebracht. Seit Mai 2014 ist es möglich, bei einem akkreditierten PI-Testlabor Profinet IO-Devices nach der aktuellen Spezifikation zertifizieren zu lassen. PI hat beginnend mit dieser Zertifizierungsstufe einen fortlaufenden Prozess für künftige Testspezifikationen und Zertifizierungstools etabliert. Dabei sollen jährlich kleine Anpassungen und Korrekturen vorgenommen sowie zusätzliche Positionen in die Liste der testbaren Features aufgenommen werden. Das heißt, der Testumfang der in der Spezifikation V2.3 beschriebenen Funktionen wird stufenweise erweitert. Abbildung 1 zeigt die geplanten nächsten Schritte und Überschneidungen der einzelnen Zertifizierungsstufen. Dabei muss beachtet werden, dass eine Zertifizierung nach Profinet Spezifikation V2.2 ab Mai 2015 nicht mehr möglich sein wird. Mit dem High Performance Profil und Features wie Dynamic Frame Packaging und Fast Forwarding wird z.B. mit Spezifikation V2.3 die Unterstützung von schnelleren Zykluszeiten bis 31,25µs eingeführt. Außerdem konnte durch eine weitere Optimierung die vom System selbst benötigte Bandbreite reduziert werden. Für die Nutzung im Umfeld der Prozessautomation sind darüber hinaus weitere Eigenschaften – wie die Unterstützung eines hierarchischen Diagnosemodells – eine herstellerübergreifende Definition von System-Redundanz und Dynamic Reconfiguration (ConfigureInRun) von Bedeutung. Außerdem ist mit der Zertifizierung nach Spezifikation V2.3 die Durchführung von Netzlasttests bei Geräten verpflichtend. Dies wird durch die Durchführung eines Tests nach klar definierten und reproduzierbaren Kriterien sichergestellt.

Teststufen mit unterschiedlicher Last und Anforderungen

Profinet teilt die Geräte in drei so genannte Konformitätsklassen (CC) ein. Die Klassen A, B und C zeichnen sich dabei durch einen zunehmenden Funktionsumfang aus, wie Abbildung 2 zeigt. Die Klassen A und B unterscheiden sich im Wesentlichen durch die Möglichkeit der Topologie-Erkennung im Gesamtsystem, was durch die Integration von SNMP erreicht wird. Die Klasse C umfasst verpflichtend die Unterstützung von Profinet IRT. Darüber hinaus sind einige Funktionen grundsätzlich optional, z.B. SharedDevice, MRP oder FastStartUp. Diese Features lassen sich also in Geräte jeder Konformitätsklasse implementieren. Die Spezifikation für die obligatorischen Netzlasttests beschreibt verschiedene Lastklassen in Netzlastklasse I und III. Sie definiert verschiedene Tests, die durchgeführt und bestanden werden müssen. Es gibt Tests für gerichtete Last, die direkt an das zu testende Gerät adressiert wird, und ungerichtete Last, die sich auf verschiedene Standard-Protokolle (wie IP, ARP, ICMP) und Profinet-spezifische Protokolle (wie RT, RTA, DCP) aufteilt. Die Tests sind für alle Netzlastklassen gleich und unterscheiden sich lediglich durch die Höhe der Last innerhalb der einzelnen Tests. Innerhalb einer bestimmten Netzlastklasse sind drei Teststufen definiert. Sie bestehen aus denselben Tests, werden allerdings mit unterschiedlich hoher Last und unterschiedlichen Anforderungen an die Auswirkungen auf das zu testende Gerät gefahren. Diese Teststufen sind mit ‚Normal Operation‘, ‚Limited Operation‘ und ‚Faulty Operation‘ bezeichnet. Im Fall von Normal Operation darf die Netzlast keinerlei Auswirkungen auf das Gerät haben. Alle Profinet Services müssen erreichbar sein und uneingeschränkt funktionieren. Ferner müssen auch alle anderen Services des Geräts einwandfrei funktionieren. So darf bspw. bei einem Gateway der darunter liegende Feldbus nicht beeinträchtigt sein und die definierte Updatezeit der E/A-Daten innerhalb der Applikation muss eingehalten werden. Im Fall von Faulty Operation darf das Gerät in einen sicheren Zustand übergehen – als wäre gar keine Steuerung angeschlossen – der aber nach Ende der Buslast selbstständig und ohne Reset wieder verlassen werden muss. Die Netzlastspezifikation definiert die Netzlast in Prozent der Bandbreite pro Millisekunde. 5% bedeutet also, dass im Mittel einer längeren Zeit pro Millisekunde 5% der Bandbreite dieser Millisekunde belegt sind. Bei einem für Profinet typischen 100MBit/s Netzwerk können somit in einer Millisekunde 12,5KB übertragen werden. 5% davon sind also etwa 600 Byte. Das entspricht einer Framelänge von 88 Byte, einschließlich IFG und Preamble (tyische Länge von ARP-Frames) was bspw. 7 Frames entspricht.

Vorverarbeiten und filtern von Ethernet-Paketen

Beim Entwurf eines Embedded Systems sind die richtigen Entscheidungen bezüglich des Netzwerkcontrollers und der Performanzklasse genauso wichtig wie die Auswahl eines vorzertifizierten Software-Protokollstacks. Die netX Familie von Hilscher unterstützt alle marktgängigen Echtzeit Ethernet-Protokolle und bietet für jeden Einsatzfall eine geeignete Plattform. Ein Beispiel dafür ist der Netzwerkcontroller netX 51, der den Ansprüchen von Profinet V2.3 gerecht wird. Das in Abbildung 4 dargestellte Mehrkernprozessor-System zeichnet sich durch folgende Kernmerkmale aus:

? ARM CPU zur Ausführung der Applikation samt Protokollstack

? Zwei Kommunikationskanäle mit Switch- und Multiprotokoll-Fähigkeit

? Peripheriecontroller für harte Echtzeitaufgaben und Gateway-Funktionen

? Umfangreicher Peripheriesatz für Konnektivität und Feldbusschnittstellen

? Integrierte 100Mbit/s Echtzeit Ethernet PHYs für Twisted Pair und Fiber Optic

? Schnelle integrierte Speicher und hochperformante externe Speicherschnittstellen

? Flexibel konfigurierbare, standardisierte Hostschnittstelle für hohe Datendurchsätze

Um für deterministische Eigenschaften und minimale Latenzzeiten zu sorgen, verschaltet der Data Switch getrennt über mehrere Busse jeden einzelnen AHB-Master mit jedem AHB-Slave. Damit gewährleistet die Systemarchitektur auf Basis statischer und dynamischer Verbindungsnetzwerke die optimale Performanz aller Prozessorkerne mit RAM-Zugriffen innerhalb einer Taktfrequenz. Die Kommunikationskanäle unterscheiden verschiedene Ausprägungen von Parallelität zur gleichzeitigen Prozessierung mehrerer Ereignisse und Realisierung des IRT-Switches. Um den ARM-Prozessor entscheidend zu entlasten, ermöglicht die Flexibilität und Performanz der einzelnen xPEC- und xMAC-Prozessorkerne nicht nur die Vorverarbeitung, sondern auch die Filterung von Ethernet-Paketen. Damit lässt sich auch bei erhöhter Netzlast eine robustes Profinet V2.3 betreiben, um Geräte aufzubauen die den hohen Ansprüchen an Zuverlässigkeit und Determinismus genügen. Aus Sicht der Applikation lassen sich die Einsatzmöglichkeiten des Netzwerkcontrollers in zwei Hauptgruppen unterteilen:

1: Kompakte Industrial Ethernet-Kommunikationseinheit mit Hostschnittstelle

Vorzertifizierte Softwareprotokollstacks werden mit dem Netzwerkcontroller als Loadable Firmware (LFW) vertrieben. Auf Hostseite erfolgt lediglich die Anprogrammierung der API, die als freie Bibliothek verfügbar ist. Aufgrund flexibler Integrationsmöglichkeiten ist sowohl eine parallele als auch serielle Ankopplung des internen Dual Port-Memory über die Hostschnittstelle möglich. Die serielle Ankopplung erreicht aufgrund des integrierten Kommandoumsetzers völlig autark die typische Bandbreite einer klassischen 16-Bit Parallel-Schnittstelle.

2: Eigenständige Industrial Ethernet Geräteapplikation mit Kommunikationseinheit

Vorzertifizierte Softwareprotokollstacks werden mit dem Netzwerkcontroller als Linkable Object Module (LOM) vertrieben. Geeignete Software-Entwicklungsboards mit ARM-Toolchain ermöglichen einen schnellen Einstieg. Mit zwei Kommunikationskanälen und achtkanaligem IO-Link-Controller bietet der netX 51 bspw. eine Entwicklungsplattform für Gateways mit Profinet IO-Device. Der IO-Link Stack einschließlich Proxy Umsetzung gemäß Standard und integrierten Webserver ist als Technologiepaket verfügbar.

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Hilscher Gesellschaft für Systemautomation mbH
www.hilscher.com

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