Batterielose Funklösungen modular entwickeln

Batterielose Funklösungen modular entwickeln

Markus Kreitmair, Innovation Manager, EnOcean GmbH

Funkbasierte Systeme bieten im Vergleich zu verdrahteten Lösungen mehr Flexibilität in der Haus- und Gebäudeautomation ebenso wie in industriellen Anwendungen. Besonders Energy-Harvesting-Funk kann hier mit Wartungsfreiheit und einer nachhaltigen Energieversorgung punkten. Deshalb ist diese Technologie für Produkthersteller (OEMs) und Entwickler für neue Produktdesigns besonders interessant.

Mit dem elektromechanischen Energiewandler ECO 200 und dem entsprechenden Funkmodul stehen dem Entwickler alle Komponenten für batterielose Funkschalter zur Verfügung. (Bild: EnOcean GmbH)

Mit dem elektromechanischen Energiewandler ECO 200 und dem entsprechenden Funkmodul stehen dem Entwickler alle Komponenten für batterielose Funkschalter zur Verfügung. (Bild: EnOcean GmbH)


Die Anwendungen für batterielose Funktechnologie sind inzwischen sehr vielfältig und stellen entsprechend unterschiedliche Anforderungen an die Produktentwicklung. Um Herstellern die Integration der Technologie in verschiedene Anwendungen zu erleichtern, hat EnOcean eine kosteneffiziente, variable Entwicklungsplattform aufgesetzt. Das Konzept basiert auf einem modularen Baukasten aus Kits, die sich für individuelle Anforderungen kombinieren lassen. Dabei reicht die Plattform von einem Einsteigerkit bis hin zu einem umfassenden Entwicklerkit mit der optionalen Erweiterung für Thermo-Harvesting. Durch den modularen Ansatz sind Hersteller flexibler bei der Produktentwicklung und können Energy-Harvesting-Funk auch für bedarfsspezifische Lösungen einsetzen.
Der DC/DC-Wandler sorgt 
für eine ausreichende Versorgungsspannung bei Thermo-Harvesting-Anwendungen. (Bild: EnOcean GmbH)

Der DC/DC-Wandler sorgt
für eine ausreichende Versorgungsspannung bei Thermo-Harvesting-Anwendungen. (Bild: EnOcean GmbH)

Gebrauchsfertige Plattform

Das Herzstück der modularen Entwicklungsplattform bildet das Developer-Kit EDK 350. Es deckt die gesamte Produktpalette von Energiewandlern über Funkmodule bis hin zur vorgefertigten Produktlösung ab. Die Basis-Komponente des Kits ist ein universelles Programmer-Board. Zusammen mit der PC-Software DolphinStudio lassen sich damit batterielose Funkmodule konfigurieren und programmieren. Das komplette EDK 350 enthält darüber hinaus: TCM 320 (Transceivermodul), STM 300 (universelles Funksensormodul), ECO 200 (mechanischer Energiewandler), PTM 330 (Funkplatine für ECO 200), PTM 210/215 (energieautarker Schalter), STM 330 (energieautarker Temperatursensor), USB 300 (USB-Gateway), DolphinStudio (Konfigurations- und Programmierungssoftware) und die DolphinAPI (Anwendungsschnittstelle für Software-Entwickler). Ergänzt wird das Paket mit der PC-Software DolphinView, die das Funkprotokoll und alle Aktivitäten visualisiert. Darüber hinaus lassen sich mit dem Kit die Anwendungsprofile der EnOcean Alliance (EnOcean Equipment Profiles, EEP), derzeit in der Version 2.6.2, interpretieren und verschicken. Dadurch ist sichergestellt, dass neue Produkte mit bereits bestehenden von anderen Herstellern zusammenarbeiten und über Gateways auch in andere Systeme eingebunden werden können. Diese Kompatibilität bis hin zum Anwendungsprofil ist ein wesentlicher Vorteil des EnOcean-Funksystems.

Das EDK 350 Developer-Kit deckt die gesamte Plattform der batterielosen Funktechnologie ab. (Bild: EnOcean GmbH)

Das EDK 350 Developer-Kit deckt die gesamte Plattform der batterielosen Funktechnologie ab. (Bild: EnOcean GmbH)

Bereit für Gebäudeautomation

Das Entwicklungskit umfasst verschiedene Energiewandler und Funkmodule als Basis für batterielose Funklösungen. Das Transceivermodul TCM 320 verfügt über bereits implementierte Funktionen für die Gebäudeautomation. Der 1-Kanal-Aktor-Modus dient dazu, einen Schaltausgang zu aktivieren bzw. zu deaktivieren. Verbinden Entwickler ein Relais mit diesem Steckplatz, können sie am Stromnetz betriebene Geräte, wie z.B. Beleuchtung, schalten. Die DolphinView PC-Software empfängt die EnOcean-Telegramme über das USB 300-Gateway und kann sie sowohl visualisieren als auch interpretieren. Mit dem Schaltermodul PTM 210/PTM 215 lassen sich batterielose, funkbasierte Steuerungen umsetzen. Zu den Kernanwendungen gehören dabei flache Wandschalter mit einer oder zwei Wippen oder auch Fernbedienungen mit bis zu vier einzelnen Tastern.

Sicherheit nach Bedarf

Das energieautarke Schaltermodul PTM 215 unterstützt Sicherheitsfunktionen für eine geschützte Datenübertragung bei kritischen Anwendungen wie Zugangs- und Kontrollsystemen oder auch für die sichere Vernetzung im Smart Home. Das Modul erzeugt mit jedem Funktelegramm einen Rolling Code und stellt so die Authentizität der Daten sicher. Telegrammheader, Telegrammdaten und der aktuelle Rolling Code bilden wiederum die Basis, um einen verschlüsselten Authentifizierungs-code (Cypher-based Message Authentication Code, CMAC) zu berechnen. Der CMAC nutzt wiederum den 128-Bit-AES-Verschlüsselungsalgorithmus. Das Empfängersystem kann das Datenpaket anhand der Codes auf seine Echtheit überprüfen. OEMs können die DolphinAPI nutzen, um einen Empfänger mit der Datenverschlüsselungsfunktion auszustatten. Dann kann dieser beispielsweise mit dem Schaltermodul PTM 215 kommunizieren.

Energie per Tastendruck

Die Kombination aus dem Energiewandler ECO 200 und dem Funkmodul PTM 330 im Entwicklerkit bildet ein Komplettsystem für energieautarke Funkschalteranwendungen. Der Energiewandler setzt mechanische Energie in elektrische Energie um und stellt diese unmittelbar zur Verfügung. Mit einer Energiemenge von 120µWs bei einer Spannung von 2V und dem passenden Funkmodul ist es möglich, pro Betätigung drei Funktelegramme zu übertragen. Auch die Rückbewegung liefert wieder einen Energiepuls und erlaubt so das Aussenden von Start/Stop-Signalen, mit denen Funktionen wie Torsteuerung, Jalousiesteuerung oder Dimmen realisierbar sind. Bei den maximal erlaubten Schaltwegen von 1,2mm können mehr als 300.000 Schaltzyklen durchgeführt werden. Bei kleineren Schaltwegen (der Wandler schaltet spätestens nach 0,7mm Federhub) sind deutlich mehr als 1Mio Schaltzyklen möglich. Damit lässt sich ein Schalter über mehr als 25 Jahre täglich 100-mal betätigen. Das batterielose Funkmodul PTM 330 lässt sich lötfrei über Federkontakte mit dem Energiewandler verbinden und einfach in passende Plastikgehäuse einrasten. Es verfügt über vier digitale Eingänge, über die sich bis zu vier Schaltzustände abbilden lassen. Über eine Schnittstelle lässt sich zudem der Inhalt der Funktelegramme für verschiedene Funktionen eines Endgeräts konfigurieren. Wie jedes EnOcean-Funkmodul verfügt auch das PTM 330 über eine einmalige 32Bit-Identifikationsnummer, die Überschneidungen mit anderen Funksensoren ausschließt. Die Reichweite des Funks liegt bei bis zu 30m im Gebäudeinneren und 300m im Freifeld. Mit diesem sofort einsatzfähigen Komplettsystem können Gerätehersteller allein mit mechanischem Know-how individuelle Funkschaltlösungen auf Basis der batterielosen Funktechnologie umsetzen.

Erleuchtet mit wenig Energie

Eine weitere Energiequelle des batterielosen Funks ist Licht. Das solarbasierte Sensormodul STM 330 kann beispielsweise die Temperatur in einem Raum oder an Maschinen messen. Es arbeitet besonders stromsparend und gleichzeitig zuverlässig. Wird der Messwert beispielsweise alle 15min übertragen, reichen bei 200lx bereits 3,6h Ladezeit am Tag für einen unterbrechungsfreien Betrieb. Ähnlich wie die Gangreserve einer Uhr, überbrückt ein zusätzlicher PAS-Superkondensator (Poly Acenic Semiconductor) Perioden mit fehlender Umgebungsenergie. Bei einem komplett aufgeladenen Energiespeicher ist das Modul in absoluter Dunkelheit mehrere Tage voll funktionsfähig. Das bidirektionale Gateway USB 300 leitet die Messdaten ebenso wie Schaltbefehle an einen PC oder einen Smart-Home-Server weiter. Das Empfangen der Daten erfolgt dabei über die Software DolphinView, welche die Funktelegramme am Rechner visualisiert.

Spezifische Entwicklung Schritt für Schritt

Neben dem Entwicklungskit gehört auch das Starter-Kit ESK 300 zur modularen Plattform für Entwickler. Das Starter-Kit eignet sich für erste Tests und ermöglicht Basisproduktentwicklungen mit der batterielosen Funktechnologie. Es enthält ein Schaltermodul, Komponenten für verschiedene Schalteranwendungen, ein Temperatursensormodul, ein USB-Gateway sowie PC-Software zur Visualisierung. Sind im nächsten Schritt Konfigurationen, Hardware- oder Softwareentwicklungen erforderlich, können OEMs das Starter-Kit mit dem Programmer-Board EOP 350 erweitern. Es erlaubt den Anschluss verschiedener batterieloser Funkmodule, um diese zu konfigurieren oder zu programmieren.

Die Kraft der Temperatur

Zusätzlich können Entwickler das Developer-Kit EDK 350 mit dem Thermo-Developer-Kit EDK 352 ergänzen. Es enthält das batterielose Funksensormodul STM 312 sowie den Ultra-Low-Voltage DC/DC-Wandler ECT 310 in Kombination mit einem Peltier-Element zur Energieversorgung von EnOcean-Funkmodulen mittels Temperaturdifferenzen. Temperaturunterschiede liefern viel Energie. Ein Tropfen Wasser, um 1°C gekühlt, liefert genug Energie für 25.000 EnOcean-Funktelegramme. Damit lassen sich nicht nur Sensoren, sondern auch Aktoren batterielos mit Energie versorgen. Die Energie gewinnen Thermogeneratoren, sogenannte Peltier-Elemente. Kostengünstige Peltier-Elemente haben allerdings einen entscheidenden Nachteil: Sie produzieren nur sehr kleine Spannungen – rund 10mV pro Grad Kelvin (K). Eine angeschlossene Elektronik, beispielsweise ein batterieloses Sensormodul, braucht jedoch eine Versorgungsspannung von 3V. Der DC/DC-Wandler ECT 310 schließt diese Lücke. Der optimierte Oszillator beginnt bereits ab einer Eingangsspannung von 20mV zu schwingen. Ab 20mV (also rund 2°C) wird bereits eine nutzbare Ausgangsspannung größer als 3V erzeugt. Um einen hohen Wirkungsgrad im Betrieb mit EnOcean-Funkmodulen zu erreichen, ist die Ausgangsspannung bis 5V spezifiziert und nicht geregelt. Dieses Verhalten ist ähnlich wie die Ausgangspannungen von Solarzellen. Da die batterielosen Funkmodule auch dafür optimiert sind, können sie problemlos damit umgehen. Der modulare Aufbau der Entwicklungs-Plattform ermöglicht eine flexiblere Produktentwicklung. Hersteller können bestehende Lösungen leichter weiterentwickeln und gleichzeitig schneller zusätzliche Anwendungen für die batterielose Funktechnologie unter Einsatz der drei verschiedenen Energiequellen erschließen.

EnOcean GmbH
www.enocean.de

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