Intuitive Bedienkonzepte
Schweißen mit Wischen, Blättern und Scrollen
Anwender erwarten von moderner Technik mehr als nur eine leicht verständliche Bedienung: Sie soll intuitiv sein, nicht nur die Arbeit oder die Freizeit erleichtern, sondern Nutzer anregen und befähigen, neue Dinge zu tun. Experten sprechen von User Experience. Inzwischen erwartet auch die Industrie entsprechende Systeme. Ein Beispiel aus dem Bereich Schweißen zeigt, wie die Umsetzung gelingt.
Die Norm ISO-9241-210 beschreibt den Gestaltungsprozess von Bedienkonzepten von der Analyse über die Gestaltung und erfahrbarer Umsetzung bis zum Test. (Bild: UID User Interface Design GmbH)
Im Gegensatz zu Multi-Purpose-Geräten wie Laptops und Smartphones sind Embedded Systems auf ein bestimmtes Anwendungsgebiet spezialisiert. Eingabegeräte wie Maus und Tastatur fehlen hier – stattdessen stehen Tasten, Drehschalter oder technologisch eingeschränkte Touchscreens als Kommunikationsmittel bereit. Aufgrund der längeren Lebensdauer von Produktlinien in der Industrie gilt es, lange Lieferzeiten der in Frage kommenden Komponenten zu garantieren. Dies schränkt die Auswahl ein. Aus wirtschaftlichen Gründen müssen Designer im Vergleich zu PC-Software oder Smartphone-Apps mit kleineren Bildschirmen, geringer Prozessorleistung, fehlenden Grafikchips und begrenzter Speicherkapazität auskommen. Anwendern werden damit aber auch weniger Informationen über im Verhältnis komplexere Aufgaben auf einen Blick präsentiert.
Resistive – statt bei Smartphones übliche kapazitive Touchscreens – erlauben kein flüssiges Scrollen oder komplexe Gesten mit mehreren Fingern. Eventuell muss das Gerät mit einer geringen Zahl an Tasten und Reglern statt einem Touchscreen oder einer Maus bedient werden. Animationen sind nicht oder nur in sehr reduzierter Form umsetzbar. Grafiken müssen mit weniger Farben und geringer Pixeldichte auskommen.
Bei der TPS/i-Serie von Fronius sind in den Menüs im Hauptbereich des Layouts Schaltflächen zum Blättern vorgesehen. (Bild: Fronius International GmbH)
Gestaltung trotz veränderbarer Hardware
Doch leistungsfähige Grafikdisplays, kapazitive Touchscreens und intelligente Umfeld-Sensoren halten mehr und mehr Einzug. Jedoch ist am Anfang des Gestaltungsprozesses nie sicher, welche Hardware gegeben ist, da die Definition der Hardware und die Suche nach geeigneten Komponenten Teil des Gestaltungsprozesses ist. Jede Verbesserung der Hardware, die bestimmte Designs erst möglich macht, erhöht gleichzeitig den knapp kalkulierten Stückpreis. Dann sind Kosten- und Qualitätssteigerung gegeneinander abzuwägen – und erfordern eventuell Anpassungen im Projektverlauf. Technische Voraussetzungen sowie Kostengrenzen und die gewünschte Qualität beeinflussen somit die Gestaltung von Embedded Systems. Das steigert den Bedarf an einer systematischen Vorgehensweise bei der Gestaltung. Um eine gute Usability und eine außergewöhnliche User Experience zu gewährleisten, ist zusätzlich die Berücksichtigung der Nutzeranforderungen unabdingbar. Mit dem benutzerzentrierten Gestaltungsprozess (UCD) steht ein systematisches Vorgehen bereit, um diese in den Gestaltungsprozess einfließen zu lassen.
Die Bedienoberfläche der TPS/i-Serie von Fronius unterstützt die Bedürfnisse verschiedener Benutzer, indem sie die Vorteile von Touch-UIs und Dreh-Drück-Reglern vereint. (Bild: Fronius International GmbH)
Der Gestaltungsprozess: von der Analyse bis zum Test
Herausragende Bedienkonzepte benötigen einen klar strukturierten Gestaltungsprozess, der Anwender systematisch einbindet. Diesen Prozess beschreibt die Norm ISO9241-210 (Norm für den ‚Prozess zur Entwicklung gebrauchstauglicher Systeme‘, ehemals ISO13407). Sie verzeichnet Regeln für die benutzerorientierte Gestaltung interaktiver Systeme und gliedert sich in vier Phasen:
Analysieren:
In der Analyse-Phase werden Informationen über die Benutzer und deren individuelle Bedürfnisse, Aufgaben und Ziele sowie die typische Nutzungsumgebung gesammelt. Methoden wie On-Site-Visits, Interviews, Fokusgruppen, Online-Analysen und Tagebuchstudien kommen zum Einsatz. Daraus werden typische Nutzungsszenarien abgeleitet.
Gestalten:
In dieser Phase werden schrittweise Informationsarchitektur, Navigations- und Interaktionskonzept, sowie Layout und Design der Bedienung entworfen. Auch hier lassen sich verschiedene Methoden, wie Gestaltungs- oder Ideation-Workshops, Papier-Prototypen oder Wireframes, einsetzen.
Erfahrbar machen:
Durch frühzeitige Visualisierung und Umsetzung in einem Prototyp werden die Interaktions- und Designkonzepte erfahrbar. Dabei werden je nach Anforderung unterschiedliche Arten von Prototypen eingesetzt – vom einfachen Prototypen auf Papierbasis bis zum interaktiven Prototypen mit realer Hardware.
Testen:
Bei der Evaluation wird kontinuierlich überprüft, inwieweit die vorliegenden Interaktions- und Designkonzepte den zuvor definierten Anforderungen genügen. In einem Usability Test bearbeiten Endanwender eine Reihe vorgegebener, typischer Aufgaben mit einem interaktiven Produkt oder einem Prototypen. Usability Engineers analysieren, wo Nutzungsprobleme auftreten und identifizieren mögliche Ursachen sowie individuell wahrgenommene Stärken und Schwächen des Produkts.