Mit Funktechnologie in die Landwirtschaft

Mit Funktechnologie in die Landwirtschaft

Für die Qualitätsbeurteilung von Milch gilt der Leitwert als zuverlässiger Indikator. Ein Ingenieurbüro hat zur Messung des Leitwerts bereits während des Melkens einen hochgenauen Analyzer mit Komponenten, die üblicherweise in Handys und Fernsehgeräten verbaut sind, erstellt.
Die Leitwertmessung von Kuhmilch gilt als standardmäßiges Verfahren zur Bestimmung der Milchqualität. Indikatoren für den Wert bilden die Anzahl und Größe von Schwebeteilchen, der Fettgehalt und der pH-Wert. Auch Entzündungen im Euter lassen sich über den Leitwert erkennen. Liegt dieser außerhalb bestimmter Messwerte, signalisieren sie, dass die Milch nicht für den Verkauf an eine Molkerei geeignet ist. Das Ingenieurbüro Enz erhielt im Jahr Jahr 2010 den Auftrag, einen vierkanaligen HF-Vektoranalyzer für die Messung des Leitwerts zu entwickeln. Bereits bevor die Milch in den Milchtank gelangt, sollte die Analyse abgeschlossen sein und nicht verwertbare Milch in einen anderen Behälter geleitet werden. Die Online-Messung sollte an den einzelnen vier Bechern, die direkt an den Zitzen der Kuh die Milch abpumpen, stattfinden. Das entsprechende Gerät musste die Schutzart IP67 erfüllen und wenig Platz einnehmen, sodass es sich direkt unter der Kuh an der Melkanlage anbauen ließ. Die Kosten sollten im mittleren vierstelligen Bereich liegen.

Elektronikbauteile aus dem Massenmarkt

Die Leitwertmessung findet im Hochfrequenzbereich statt, um kleine Schwebeteilchen in der Milch zu erfassen: Ein Analyzer bis 1GHz musste her. Prinzipiell muss auf vier Kanälen während des Durchstimmens der Frequenz der Betrag und die Phase der Übertragungsfunktion ermittelt werden und das mit günstigen Bauteilen. Übliche Laborgeräte sind einkanalig, zu groß und zu teuer sowie wenig für den Einsatz direkt an einer Kuh geeignet. Diese einkanaligen Geräte sind für mittlere fünfstellige Summen zu erwerben. Zwei Monate galten dabei kleiner Technologieversuche und der Überprüfung, ob der Leiterplattenhersteller entsprechende Leiterplatten herstellen kann. Die Ingenieure suchten zudem nach Komponenten aus dem Massenmarkt, also Produkte, die in Handys und Fernseher verbaut wurden. „Eine Frequenz durchstimmen, das macht jeder Fernseher“, berichtet Fred Enz, Geschäftsführer und Inhaber des ENZ Ingenieurbüros für Umwelttechnik & Automatisierung, „dazu kommt das Layout und ein Controller sowie eine Schnittstelle, um das Gerät an einen PC anzuschließen.“ Für die Erzeugung der Frequenz an den vier Anschlüssen genügte ein Generator. Zudem galt es, Betrag und Phase auf allen vier Kanälen zu messen. „Das wird in jedem Handy gemacht“, erklärt Enz weiter, „es dient der Leistungsoptimierung. Nutzer merken davon nichts, die Funktion ist aber in jedem Mobiltelefon eingebaut.“

Datenübertragung auf einer Strecke von 2,5cm

Mit diesen Bauteilen erstellte das Unternehmen einige Geräte. Die Größe ideser Geräte liegt bei rund 6x20x25cm und sie verfügen über fest angebaute Koaxialkabel, eine Schnittstelle zum PC, einen Controller für die Hard- und Software und einen Generator. Mit diesen Prototypen haben die Ingenieure zunächst Tests im Labor mit unterschiedlichen Milchsorten durchgeführt, bevor es eine Woche zu Tests auf einen Bauernhof in Nordrhein-Westfalen ging. Anschließend galt es, die gemessenen Werte mit den Laborwerten zu vergleichen. Als Ergebnis hat das Unternehmen eine komplette 4-Polanalyse einer Datenübertragungsstrecke zwischen Sender und Empfänger auf eine Strecke von 2,5cm reduziert. Lösungen aus der Funktechnik hat das Unternehmen in eine Anwendung für die Landwirtschaft portiert. Nach rund neun Monaten existieren aktuell Demogeräte und Software. Der Preis bei der Herstellung von zehn Geräten liegt im geforderten Kostenrahmen bei unter 2.000 Euro. Zusätzlich zur Analyse der Milch und der Möglichkeit, sie in unterschiedliche Tanks zu leiten, erhalten Landwirte mit der Leitwertmessung zusätzliche Daten zur Gesundheitsüberwachung der einzelnen Kühe. So erfassen moderne Betriebe u.a. die abgegebene Milchmenge und die Futteraufnahme der jeweiligen Tiere. (jhn)

ENZ Ingenieurbüro
www.enz-berlin.de

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