Mit Rapid Prototyping zum fertigen Produkt

Mit Rapid Prototyping zum fertigen Produkt

Ein neues Produkt wurde entwickelt, das erste Gerät steht auf dem Tisch. Doch nun stellt sich heraus, dass die Anforderungen unzureichend beschrieben sind und das Produkt am Anwender vorbei entwickelt wurde. Rapid Prototyping könnte solche Szenarien verhindern: Vor der eigentlichen Entwicklung wird im Handumdrehen Hard- und Software entworfen, die dem Endprodukt in Form und Funktion sehr nahe kommt.
Steigende Funktionalität und hohe Qualitätsanforderungen führen zu immer komplexerer Embedded Hard- und Software. Das treibt den Entwicklungsaufwand in die Höhe und doch stehen immer weniger Zeit, Geld und Personal zur Verfügung. Bietet sich jedoch nur eine einzige Chance, das Produkt am Markt zu lancieren, müssen alle Anforderungen stimmen und jegliche Designentscheide abgesichert sein. Einen Weg aus diesem Dilemma bietet Rapid Embedded Prototyping. Die Methode zielt darauf ab, Ideen im Bruchteil der üblichen Zeit umzusetzen und sofort zu testen. Das geschieht auf Formfaktoren, die der Endlösung nahe kommen oder sich im Endprodukt weitgehend wiederverwenden lassen. Anhand der Prototypen lässt sich erstes Feedback einholen und stärkt zudem das Vertrauen der Kunden.

V-Model plus ‚Wegwerfprototyp‘

Ein aktuelles Smart-Metering-Projekt dient als Beispiel für die verschiedenen Aspekte von Rapid Prototyping. Dabei handelt es sich um den Bezug von elektrischer Energie gegen e-cash. Es kommt in Waschsalons, Camping-Duschen oder beim Aufladen von Elektroautos zur Anwendung. Das System besteht aus zwei räumlich getrennten Modulen. Eine Bedieneinheit mit Touch-Display und einem RFID-Interface dient als Benutzerschnittstelle. Hier melden sich Anwender an, wählen eine freie Maschine aus, zahlen kontaktlos mit einer RFID-Karte und starten den Prozess. Das Schalten der 230V-Speisung und die dreiphasige Messung der Ströme erfolgt in einer so genannten Powerbox, die mehrere Meter entfernt direkt bei den Maschinen installiert ist und mit der Bedieneinheit im Intervall von Millisekunden drahtlos kommuniziert. Bei solchen Projekten greifen Entwickler üblicherweise auf das bewährte V-Modell: Zuerst definieren Designer Anforderungen und schreiben Spezifikation. Nun folgt die eigentliche Implementierung. Danach verifizieren die Entwicker, ob die zuvor fest gesetzten Spezifikationen eingehalten werden. Und ganz zum Schluss gilt es zu validieren, ob das Produkt die Anforderungen erfüllt. Die größte Schwäche dieser Methode ist ihre Starrheit: Unterlaufen Designern während der Spezifikationsphase Fehler, verlängert sich zwangsläufig die Implementierungsphase. Im Fallbeispiel fehlte bei der gewählten Wireless- und RFID-Technologie die Felderfahrung. Ein Risiko, das mit großer Wahrscheinlichkeit zu Verzögerungen geführt hätte. Schlimmer sind unzureichende oder falsch definierte Anforderungen, die im vorliegenden Projekt ein Re-Design ausgelöst hätten. Bei diesen zwei Problembereichen setzt Rapid Prototyping an: Es erweitert das statische V-Modell um eine iterative, dynamische Komponente. Vor der zeitaufwändigen Design- und Implementierungsphase werden mit ‚Wegwerfprototypen‘ die Anforderungen validiert. Während diesen zwei Phasen kommt anschließend das so genannte evolutionäre Prototyping zum Einsatz: Es erweist sich als praktisches Vehikel, um laufende Entscheide entwicklungsbegleitend abzusichern.

Ein Prototyp für jede Funktion

Ein Prototyp vermittelt einen ersten Eindruck des fertigen Systems und unterscheidet sich in Form und Funktion nur unwesentlich vom Endprodukt. Im Projekt konzentrieren sich jedoch verschiedene Prototypen oft auf unterschiedliche Aspekte, zum Beispiel auf die Bedienerschnittstelle. Ausgehend von einem Zweizeilen-Charakterdisplay der ersten Gerätegeneration wagte der Hersteller des Smart Meters den Schritt zum grafischen Multitouch-Userinterface. Nach einer iterativen Entwicklung des Bedienkonzepts mittels Powerpoint wurde das User-Interface Schritt für Schritt und unter Miteinbezug der Endanwender auf einem Prototypen umgesetzt. Mit dem funktionsfähigen Prototyp wurden die Anforderungen aus Anwendersicht geklärt und die kritischsten Designentscheide abgesichert. Damit war der Kern der Aufgabe dieses Prototyps erfüllt: Die eigentliche Entwicklung kann beginnen. Der Ausdruck ‚Rapid‘ beim Prototyping nimmt eine besondere Rolle ein, weil es schnell verschiedene Varianten zu realisieren und Unklares sofort auszuregeln gilt.

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National Instruments Germany GmbH
www.ni.com/germany; www.schmid-elektronik.ch

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