Mit Rapid Prototyping zum fertigen Produkt


Programmiersprache intuitiv und funktional

Die wichtigsten sechs Anforderungen an die ideale Rapid Prototyping-Entwicklungsumgebung für Embedded Systeme werden nachfolgend anhand der National Instruments Labview-Plattform diskutiert, sind aber lösungsneutral. Die erste Anforderung ist der schnelle Zugang zu neuer Technologie. So lässt sich der aktuelle Stand der Technik nutzen, ohne viel Zeit in die Lernkurve zu investieren. Zweitens muss ein intuitives Prozess-I/O das einfache Messen und Regeln ermöglichen, um die reinen Algorithmen frühzeitig mit echten Signalen zu verifizieren – ohne aufwändiges Entwickeln von Low-Level-Treibern. Als dritten Punkt gilt es, die Komplexität abstrahieren zu können: Mathematische Operatoren sollen sich automatisch den vom Programmierer gewählten Datentypen wie Skalar, Vektor, Matrix, zeitbasiertes Signal oder Bild anpassen. Die vierte Anforderung stellen Multitouch-Bedieneroberflächen dar, die heutigen Anwendern aus ihrem privaten Umfeld von den Smartphones bekannt sind. Bediener erwarten diese intuitiven Oberflächen künftig auch an Industrieanwendungen. Als nächster Punkt muss die Programmiersprache intuitiv und funktional sein. Traditionelle Elemente wie Datentypen, Strukturen, Arrays, Strings gilt es ebenso zu unterstützen wie domänenspezifische Konstrukte aus der Regelungstechnik oder digitale Filter, zustandsorientierte Programmlogik, Objektorientierung, modellbasiertes Design und textbasierte Algorithmen. In vielen Fällen ist die Sprache eine fachbezogene Domain Specific Language (DSL) und gehört der nächsten Generation, der 4th Generation Language (4GL) an. Als letzte Anforderung muss eine Entwicklungsumgebung für Rapid Prototyping die volle Transparenz zum Mikroprozessor mit einem ‚C‘-Interface, C-Code-Generator und schlankem Realtime-Kernel bieten. Damit steht die Türe für fast jeden 16/32Bit-Microcontroller, Mikroprozessor und FPGA offen. Zusätzlich zu den beschriebenen sechs Anforderungen halfen dem Hersteller der Smart Meters sechs Richtlinien beim effizienten Rapid Prototyping: – Ideen kosten nichts: Das kreative Potential soll ausgeschöpft werden, denn die Frage, ob eine Idee wirtschaftlichen Nutzen hat, wird mit Prototyping schnell beantwortet: RFID anstelle Chipkarten, Farb-TFT plus Multitouch anstelle der Zweizeilen-Segmentanzeige, drahtlose Datenübertragung anstelle RS232, GSM/GPRS für die Fernwartung und Webserver als Konfigurationsschnittstelle. – Das Rad nicht neu erfinden: Die Entwickler verfügten über wenig Erfahrung im Bereich Wireless und RFID. Also evaluierten sie fertige Funktionsmodule, die sich über UART und seriellem Kommunikationsprotokoll sofort in den Prototyp einbinden ließen. Ein Mix aus Single Board Computer, Plug-in-Coremodul und kundenspezifischer Hardware reduzierte die Entwicklungszeit auf ein Minimum. – Mehrere Wege offen halten: Alle Systemkomponenten wurden in der Software als Objekte implementiert. Das hat den Vorteil, dass sie für Varianten neu kombiniert werden können. Eine Zustandsmaschine sorgte für die Möglichkeit, neue Funktionalität einzufügen ohne bestehenden Code zu ändern. -Ziel im Auge behalten: Für den Prototyp entwickelte Hardware, Software und Tools sollen sich im Serienprodukt größtenteils wiederverwenden lassen. – Schritt für Schritt zur Lösung: Zuerst wurden die Hauptfunktionen realisiert: Geld auf Karte transferieren, Mess- und Steuerdaten drahtlos kommunizieren und Bediener grafisch durch den Prozess führen. Anschließend wurde im zweiwöchigen Review-Intervall unter Miteinbezug des Auftraggebers die Lösung fertig entwickelt. – Erzeugen von ‚Wow‘-Effekten: Ein Prototyp soll nicht nur Brücken zwischen dem Stand der Technik und den Endanwendern schlagen, sondern etwas über das Ziel hinausschießen und für Verblüffung sorgen.

Moderation beim Kundenkontakt

Ein Prototyp kommt dem Endprodukt sehr nahe, deshalb gilt der Qualität von Anfang an die volle Aufmerksamkeit. Im Beispiel mit dem Smart Meter war ein wichtiges Qualitätsmerkmal die drahtlose Kommunikation zwischen den zwei Boxen. Die Herausforderung bestand darin, einen robusten seriellen Datenaustausch aufrechtzuerhalten, damit sich die Bedieneinheit und die Leistungsbox nach temporären Stromausfällen, beispielsweise bei Sperrzeiten während der Mittagszeit durch das Elektrizitätswerk oder Übertragungsfehlern z.B. Kollision mit anderen WLAN’s, innerhalb weniger Sekunden selbständig wieder synchronisieren. Dies vermittelte Installateuren ein komfortables Plug & Play-Gefühl. Richtig angewendetes Rapid Prototyping beschleunigt den Entwicklungsprozess von Embedded Systemen und verbessert das Produkt spürbar. Der Entwicklungsaufwand reduziert sich messbar, der Miteinbezug und damit das Vertrauen der Endanwender steigt und die Kostenschätzungen sind präziser. Dennoch birgt Prototyping auch Risiken: Der Kontakt mit Kunden muss moderiert werden, sonst steigert sich die Erwartungshaltung ins Unermessliche. Ein Prototyp ist schließlich kein Endprodukt. Deshalb ist es wichtig, Rapid Prototyping erfahrenen Entwicklern zu überlassen, die neben Querdenken und Hartnäckigkeit auch über Selbstvertrauen verfügen.

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National Instruments Germany GmbH
www.ni.com/germany; www.schmid-elektronik.ch

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