Power- und Board-Lösungen


In der Toleranz trotz Lastsprüngen

Hier greift zudem eine der zentralen Forderungen der Power Supply Design Guides: die Einhaltung der Spannungstoleranzen an allen DC-Ausgängen. Die ATX-Norm spezifiziert eine Toleranz von ±5% für 12,5, 3,3V und 5V-Standby, sowie ±10 % für den -12V-Ausgang. Das bedeutet, dass beispielsweise die +12 V-Schiene unter keinen Umständen unter +11,4V fallen bzw. +12,6V übersteigen darf. Kritisch werden diese Rahmenbedingungen für ein Schaltnetzteil immer dann, wenn es im Bereich seiner Minimal- bzw. Maximallast arbeitet oder hochfrequente Lastsprünge ausgleichen muss. Dynamische Laständerungen entstehen auf dem Mainboard, wenn die CPU vom Standby-Modus, dem Leerlaufprozess oder dem Idle-Mode, in einen rechenintensiven Zustand wechselt oder umgekehrt. Gleiches gilt für den teils stark schwankenden Leistungsbedarf von Grafikkarten und Peripheriegeräten. Dann ist die Regelung des Netzteiles gefordert, die sprungartige Laständerung innerhalb von Sekundenbruchteilen ohne signifikanten Einbruch oder Überschwingen der Ausgangsspannung nachzuregeln und somit innerhalb der definierten Grenzwerte zu bleiben. Anderenfalls kann es zu undefinierten Reaktionen oder gar Abstürzen des Rechnersystems kommen. Im Labor wird diese Situation mit dem jeweiligen Netzteil reproduzierbar getestet: Zusätzlich zur Stromversorgung des Testsystems mit Mainboard, CPU, Lüfter, RAM, SSD/HDD- und CD-Laufwerk wird an den 5V- und 12V-Netzteilausgängen jeweils eine mit 100Hz pulsierende elektronische Last angeschlossen, welche die zusätzliche Belastung bis hin zur Maximallast simuliert. Der gleiche Test wird mit statischen Zusatzlasten wiederholt. Während der Messungen läuft auf dem Testsystem eine definierte Burn-In-Testsoftware. Die Messergebnisse zeigen schließlich, in welchem Toleranzbereich sich die Ausgangsspannungen der jeweiligen Power+Board-Kombination bewegen und stellen die Einhaltung der Grenzwerte sicher, selbst an den Belastungsgrenzen des Netzteiles.

Unter Beobachtung: Einschalt- und Timingverhalten

Doch bevor ein Rechnersystem im Normalbetrieb arbeiten kann, muss es zunächst erfolgreich starten. Was trivial klingt, ist oftmals der Grund für viele Stunden mühsamer Fehlersuche bei der Systementwicklung. Deshalb widmen sich gleich mehrere Einzeltests beim Power+Board-Programm der Untersuchung des Einschalt- und Timingverhaltens. Beim Einschaltvorgang wird zunächst das Startsignal (PS_ON#) vom Mainboard an das Netzteil übergeben. Die Spannungen an den Netzteilausgängen müssen sich nun in einer – durch das Power Supply Design Guide definierten – zeitlichen Abfolge zueinander aufbauen. Im Falle der ATX-Spezifikation ist es zunächst notwendig, dass jede einzelne Spannung innerhalb eines Zeitfensters von 0,1ms bis 20ms, der sogenannten Risetime, ihren nominalen Regelungstoleranzbereich erreicht hat. Bei ±5% Toleranz würde dies 95% des Nominalwertes entsprechen, z.B. +11,4 V am +12 V-Ausgang. Die ansteigende Spannungsflanke oder Ramp muss hierbei zu jedem Zeitpunkt gleichmäßig und ununterbrochen, also ‚Smooth and Continuous‘, in positiver Richtung verlaufen. Hinsichtlich der drei Hauptspannungen gilt, dass die 3,3V-Schiene ihren Regelungstoleranzbereich maximal 20ms nach der 12V- bzw. 5V-Schiene erreicht haben muss. Die Einhaltung dieses Zeitbereiches ist nicht nur für das perfekte Zusammenspiel von Netzteil und Mainboard entscheidend: ATX-konforme Erweiterungskarten, wie z.B. Framegrabber, verzeihen eine Überschreitung der 20ms-Grenze meist nicht und verweigern ihren Dienst bzw. verhindern den erfolgreichen Systemstart. Während der Spannungsanstiegszeit darf zudem die Ausgangsspannung an 12V und 5V zu keiner Zeit unter das Spannungsniveau des 3,3V-Ausganges fallen. Liegen die Spannungen stabil an, übergibt das Netzteil ein High-Signal (5VDC) auf der Power-Good-Leitung (PWR_OK) an das Mainboard. Ein Low-Signal (0VDC) würde dem Mainboard einen Fehler signalisieren und einen Reset auslösen: Das System startet nicht. Die Einschaltverzögerung, also die Zeit zwischen dem Erreichen der Regelungstoleranzbereiche und dem Power-Good-Signal, muss sich ebenfalls in einem definierten Zeitfenster von 100 bis 500ms (PWR_OK delay) bewegen.

Spitzenströme meistern

Parallel zu den Spannungen werden im Testlabor die Einschaltströme in ihrem zeitlichen Verlauf gemessen und analysiert. Im Einschaltmoment werden durch kapazitive Lasten in Form von Kondensatoren und Schaltreglern auf Mainboard und Systemkomponenten sehr hohe Ströme verursacht. Die erfassten Daten geben Aufschluss darüber, welche Einschaltspitzenströme das Netzteil innerhalb eines bestimmten Zeitabschnittes sicher liefern muss. Neben den definierten kapazitiven Lasten in der ATX-Norm ist vor allem die Erfahrung der Testingenieure bei der Beurteilung der Oszillogramme gefragt. Da es gilt, kritische Anstiegsflanken und mögliche Konflikte sicher zu erkennen und zu beurteilen. Im schlimmsten Falle würde das Netzteil bzw. das Gesamtsystem den Systemstart verweigern. So manifestiert sich auch im Einschaltverhalten die Qualität der leistungselektronischen Ausstattung eines Schaltnetzteiles und dessen Vermögen, derartige Extremsituationen zu meistern. Die Testergebnisse und Netzteilempfehlungen für das jeweilige Mainboard stellt Bicker Elektronik in einer Auswahlmatrix übersichtlich dar und Online zur Verfügung. Passend zu den Power+Board-Bundles bietet das Elektronikunternehmen Prozessoren, Speicher und Zubehör an.

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