Vorsorgen statt nachbessern

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Strategien gegen Bauteilabkündigung

Heutzutage ist Abkündigung von Bauteilen oder Obsoleszenz aufgrund der technologischen Evolution, aber auch wegen täglich wechselnder Marktanforderungen beinahe unvermeidlich. Ein Grund hierfür stellen die Anforderungen des Consumer-Sektors dar, der heute einen Großteil der Industriebranche abdeckt. Als Folge werden kurzlebige Produkte entwickelt und vermarktet, die den Wunsch der Endnutzer nach immer neuen, modernen und alltagsunterstützenden Gütern stillen sollen.

 (Bild: TQ-Systems GmbH)

(Bild: TQ-Systems GmbH)


Weltweit werden täglich mehrere Tausend Product Change Notifications und End-of-Life-Meldungen in Unternehmen registriert. Aber auch umweltpolitische Einschränkungen und Verwendungsverbote umweltgefährdender Produktionsfaktoren, wie beispielsweise definiert in RoHS, RoHS2 und REACh, können sich auf das Altern von Bauteilen auswirken. Doch in Branchen wie der Luft- und Raumfahrt und der Bahnindustrie besteht Nachfrage nach unveränderten Bauteilen über einen Zeitraum von 30 bis 40 Jahren. Oftmals bleibt hier nur noch die Bauteilrückgewinnung bzw. Reparatur als kostengünstigste Lösung, um die Langzeitverfügbarkeit von Produkten garantieren zu können. Da dies aber keine langfristige Lösung darstellt, dient das Obsolescence Management als Hilfsmittel, um das Ungleichgewicht zwischen langlebigen Produkten und abgekündigten Bauteilen ausbalancieren zu können. Die Folgen von Abkündigungen sind überwiegend kostenintensiv, vor allem im Falle eines Redesigns, wenn Kosten für Ingenieurstätigkeiten, aber auch für neue Betriebsmittel oder Testgeräte anfallen. Oftmals kann vorläufig auf ein Redesign verzichtet werden, wenn abgekündigte Bauteile noch auf dem Markt verfügbar sind und eingelagert werden können. Meist handelt es sich dann aber um Broker-Ware, die zu einem Vielfachen des ursprünglichen Preises gehandelt wird, und deren Echtheit oft nicht garantiert werden kann.

Gefahr von Fälschungen und Zweitware

Aufgrund der durch Globalisierung abgebauten Handelshemmnisse können zudem unbewusst Fälschungen weltweit erworben und etwa in Flugzeuge oder Herzschrittmacher verbaut werden, wodurch sich das Risiko der Endanwender enorm erhöhen kann. Gelegentlich wird auch B- oder C-Ware zurück nach Europa importiert, die eigentlich für den asiatischen oder afrikanischen Markt bestimmt war. Und auch verloren gegangene Daten zu Bauteilen sind keine Seltenheit auf dem europäischen Markt. Als Folge werden die Produktionskosten für Güter, die abgekündigte Komponenten enthalten oder enthalten haben, steigen. Ein fehlendes oder unausgereiftes Obsolescence-Management kann nicht nur Auslöser für direkte Kosten sein, sondern auch durch Imageverluste und Senkung des Marktanteils zu indirekten Kosten führen. Der Teufelskreis schließt sich, indem Anwender zu innovativeren oder günstigeren Mitbewerbern abwandern. Um die Risiken der Obsoleszenz zu minimieren, haben sich drei Strategien etabliert: – Proaktives Obsolescence-Management: Frühzeitige Stücklistenanalyse zur Ermittlung des aktuellen Produkt-Lebenszyklus-Status und Einschätzung des Risikos einer Abkündigung – Strategisches Obsolescence-Management: Langzeitstrategie zur Vermeidung der Neueinplanung gefährdeter Bauteile – Reaktives Obsolescence-Management: Anleitung zum Umgang abgekündigter Bauteile nach Eingang einer Product-Discontinuance-Notification oder End-of-Life-Meldung Oberstes Ziel einer Kombination dieser drei Strategien gilt der Langlebigkeit von Systemen. Durch die frühzeitige Ermittlung von Abkündigung gefährdeter Bauteile maximieren Anwendern ihren Handlungszeitraum und erhalten Gelegenheit, effiziente und wirtschaftliche Alternativen zu finden. Ausschlaggebend für ein funktionierendes Obsolescence-Management ist ebenfalls die Reduktion von kostenintensiver Broker-Ware wie auch die Vermeidung von Redesigns und Requalifications.

Gezielte Recherche bei Zulieferern

Bei einer produktspezifischen Umsetzung der Obsolescence-Strategien ist das Ergebnis hohe Bauteilsicherheit sowie ein umfassender Überblick über die gesamten Produkt-Lebenszyklus-Kosten. Auch im Obsolescence-Management des Anbieters von Elektronik-Dienstleistungen und Embedded Systemen TQ finden diese Strategien Anwendung. Als Beispiel für ein Produkt unter Gesichtspunkten der Obsoleszenz kann das auf ARM9 basierende TQ-Modul TQMa28 genannt werden, für das der Anbieter eine Mindestverfügbarkeit von 15 Jahren garantiert. Das Unternehmen untersuchte die anfänglich geplanten Bauteile und stellte fast, dass die Forderung nach einem langlebigen Produkt nicht erfüllt wurden. Die Liefergarantie des ARM9-Prozessors betrug drei Jahre, die des SDRAM-Arbeitsspeichers und Flash-Speichers ein Jahr. Die Abkündigung der Logikbausteine sollte in acht, die der Stecker in zehn Jahren erfolgen. Die Lebensdauer des Betriebssystems betrug ein bis 15 Jahre. Durch den Einsatz einer kombinierten Vorhersage-Methode konnte der Hersteller für alle Bauteile langlebige Alternativen ermitteln. Dabei bezog der Elektronikanbieter die Informationen über erwartete Lebenszeiten nicht allein aus Datenbanken, sondern recherchierte auch bei Herstellern und Lieferanten, um eine möglichst exakte Angabe der Lebensdauer zu ermöglichen. Als Ersatz kommen nun der ARM9-Prozessor i.MX28 von Freescale und die EMMC-Blackbox von Toshiba/Micron/Sandisk als Flash-Speicher zum Einsatz. Durch die Verwendung von Standardprodukten, die sich gegenseitig substituieren können, werden die Folgen einer Produktionseinstellung kompensiert. Das Gleiche gilt für den verbauten Logik-Baustein von Texas Instruments/Maxim/Linear Technology.

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TQ-Systems GmbH
www.tq-group.de

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