Netzteil-Wirkungsgrade präzise ermitteln

Netzteil-Wirkungsgrade präzise ermitteln

Im Bereich industrieller und medizintechnischer Produkte fragen Endsystem-Hersteller zunehmend nach Stromversorgungen, deren Datenblätter nicht nur einfach mit einem hohen Nennwert für den Wirkungsgrad werben, sondern die über den gesamten typischen Lastbereich ihrer Produkte einen guten Wirkungsgrad aufweisen. Selbst wenn diese Produkte nicht unter Normen und Richtlinien fallen, wächst der Wunsch, auch auf freiwilliger Basis umweltfreundliche Geräte anzubieten. Dabei hat selbst ein Wirkungsgrad von einer Genauigkeit von ±1% enorme Folgen. Besonders bei hohen Wirkungsgraden sollten Anwender genauer hinzusehen.
Es ist gebräuchlich, den Wirkungsgrad eines Produkts an bestehenden Normen wie etwa 80 Plus zu messen, selbst wenn diese Normen für die letztendliche Anwendung gar nicht eingehalten werden müssen. Die Spezifikation 80 Plus fordert eine Messgenauigkeit von 0,5% der Ein- und die Ausgangsleistung, sodass die Messungen für den Wirkungsgrad eine Genauigkeit von ±1% aufweisen dürfen, um innerhalb der Norm zu bleiben. Abbildung 1 zeigt, wie sich solche Änderung des Wirkungsgrads auf die Eingangsleistung eines 100W-Netzteils auswirken. Bei einem Netzteil mit 80% Wirkungsgrad ergeben sich rund ±1,5W Unterschied bei der Eingangsleistung – eine völlig vertretbare Schwankung. Wenn der Wirkungsgrad auf 90 oder 95% steigt, liegt die Abweichung bei gut ±1W. Allerdings sollten Anwender auch die Verlustleistung, also die Auswirkungen auf die Temperatur im Netzteil betrachten.

Temperaturschwankungen von bis zu ±10°C

Bei einem Netzteil mit 80% Wirkungsgrad ±1% zeigt sich eine Verlustleistung von 25W. Bei einem typischen Gerät führt dies bei Volllast zu einem Temperaturanstieg etwa 50°C. Eine Wirkungsgrad-Messung mit ±1% Genauigkeit dürfte daher zu einer Schwankungsbreite von 13% oder ±6,5°C führen. Diese Ergebnisse sind akzeptabel, allerdings führen dieselben ±1% Genauigkeit der Wirkungsgrad-Messung beim Netzteil mit 90% Wirkungsgrad schon zu einer Schwankungsbreite von ±25% und somit mehr als ±10°C. Das Ergebnis kann die Lebensdauer der Elektrolytkondensatoren bereits halbieren und signifikante Auswirkungen auf die Endanwendung haben. Noch kritischer wird es bei Wirkungsgraden über 90%. Wenn Ingenieure für eine Applikation ein Netzteil mit 96% Wirkungsgrad verwenden und dann versuchen würde, stattdessen ein Netzteil mit 94% einzusetzen, könnte dies zu Problemen aufgrund von Temperaturunterschieden von über 20°C führen. Bei solch hohen Wirkungsgradwerten wird es also immer wichtiger, dass Entwickler die Performance eines Netzteils verifizieren, bevor sie es für die Anwendung freigeben. Doch auch hier gilt es aufzupassen.

Auswahl des geeigneten Messprinzips

Bei der Messung an Netzteilen wird der Wirkungsgrad typischerweise mit einem AC-Power-Analyzer ermittelt – durch Messen von Eingangsspannung und -strom, Leistungsfaktor und Leistung. Die Spezifikation eines typischen AC-Power-Analyzer sieht sehr vielversprechend aus mit Nennwerten, die unter 0,1% liegen können. Dennoch existieren weitere Faktoren wie die Größe des zu messenden Signals relativ zum Messbereich, und auch die Signalfrequenz kann die letztendliche Messgenauigkeit reduzieren. Interessanter ist, wie die Ausgangsleistung gemessen wird: Bei Einsatz eines Digital-Multimeters lassen sich Spannungen sehr genau messen. Typischerweise sind aber Strommessungen häufig nicht so genau, weil sie vom Bereich abhängen. Eine genauere Messung lässt sich hier oft erzielen, wenn man statt des Stroms den Spannungsabfall über einen kalibrierten Messwiderstand, einen sogenannten Shunt, misst. Zusätzlich ist wichtig zu wissen, dass Digital-Multimeter zum Messen eine Sampling-Technik einsetzen, deren Sampling-Frequenz und -Algorithmus Hersteller leider selten in der Produktdokumentation nennen. So können zwei oder drei Messgeräte von verschiedenen Herstellern leicht deutliche Unterschiede im Messergebnis aufweisen.

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