Fraunhofer IISB entwickelt Festkörper-Quantenelektronik

Nicht jedes Si- oder C-Atom in SiC eignet sich als Quantenbit oder Quantenspeicher. Nur bestimmte Isotope wie Si-29 und C-13, die in unterschiedlichen Konzentrationen im SiC vorkommen, sind dafür verwendbar. In der gängigen Quantenforschung wurden bislang nur Isotopenkonzentrationen untersucht, die natürlicherweise in SiC vorkommen, oder SiC-Material, das keine solchen Speicherisotope enthält.

Dagegen legt das Fraunhofer IISB den Schwerpunkt gezielt auf eine optimierte, für die jeweilige Quantenanwendung zugeschnittene Materialqualität. Mit seiner langjährigen Expertise auf dem Gebiet der SiC-Epitaxie und einer hochentwickelten Prozesstechnik adressiert das Institut aktuell die Herstellung epitaktischer SiC-Schichten mit genau festgelegten Isotopenkonzentrationen auf SiC-Substraten. Das IISB ist dabei eine der wenigen Einrichtungen weltweit, die in der Lage sein wird, SiC-Material mit exakt für die jeweilige Quantenanwendung spezifizierten Eigenschaften herzustellen.

Auf die Dosis kommt es an

Ein wesentliches Kriterium bei der Nutzung von SiC als Quantenmaterial ist die optimale Anzahl und Platzierung der speziellen Isotopenatome im Verhältnis zum zentralen Farbzentrum. Eine zu niedrige Isotopenkonzentration führt zu mangelnder Kohärenz der Qubits, während eine zu hohe Konzentration überlappende Signale bewirkt, wodurch die Zustände der Qubits nur schwer zu unterscheiden wären. Die Verteilung der Isotopenatome hängt unmittelbar mit den Isotopenkonzentrationen im SiC zusammen. Mittels aufwändiger Computersimulationen untersucht das IISB, welcher Isotopengehalt in SiC für Anwendungen in der Quantenkommunikation oder im Quantencomputing am besten geeignet ist. Durch einen selbst entwickelten numerischen Algorithmus kann die Signalqualität der Kernspins in Abhängigkeit von ihrer Position zum jeweiligen zentralen Farbzentrum bestimmt werden.

Die besten Isotopenpositionen lassen sich in einem kleeblattförmigen Bereich um das Farbzentrum herum finden. Dabei muss das „Kleeblatt“ von einer optimalen Anzahl an Kernspins bevölkert werden, was sich durch Einstellen einer bestimmten Isotopenkonzentration bewerkstelligen lässt. Der Schlüssel zur Herstellung von für Quantenanwendungen optimiertem SiC liegt also in der präzisen Steuerung der Isotopenkonzentrationen.

Gemeinsam geht es besser

Bei der Herstellung des optimierten SiC kann das Fraunhofer IISB auf eine langjährige Expertise im Bereich der Epitaxie sowohl auf Si- als auch auf SiC-Substraten zurückgreifen. So verfügt das Institut in Erlangen über den weltweit ersten an einer Forschungseinrichtung betriebenen Planeten-Epitaxiereaktor für 150- und 200-mm-SiC-Wafer. Seit einigen Jahren pflegt das Fraunhofer IISB eine strategische Kooperation mit der Firma Aixtron bei der Entwicklung von SiC-Anlagen und -Prozessen. Aixtron ist ein Anbieter von Anlagen für die SiC-Epitaxie nach dem CVD-Verfahren (CVD, englisch für ‚Chemical Vapor Deposition‘). In einem Reinraum des IISB unterhalten beide Partner ein gemeinsames ‚Joint Lab‘, um zusammen Epitaxie-Geräte und -Prozesse weiterzuentwickeln. Durch das Modell der ‚Joint Labs‘ lassen sich intensive Synergien zwischen Industrie und Wissenschaft realisieren. Für das Institut stellt die Kooperation mit Aixtron eine ideale Möglichkeit dar, seine Aktivitäten auf dem Gebiet der industriellen SiC-Epitaxie-Entwicklung wie nur wenige andere Forschungseinrichtungen auszubauen. Aixtron wiederum profitiert von der direkten Einbindung in die Reinraum-Technologielinie des IISB und den umfangreichen Charakterisierungs- und Analysemöglichkeiten vor Ort. Zudem können sich beide Partner den hohen technologischen und personellen Aufwand teilen, der den extremen Qualitätsanforderungen an das Material geschuldet ist. Durch die direkte Zusammenarbeit mit einem renommierten Industrieunternehmen inhouse kann das IISB sehr spezielle Epitaxie-Schichten für High-End-Demonstratorbauelemente erzeugen, welche kommerzielle Anbieter so nicht anbieten können.

Das Fraunhofer IISB möchte hierbei ausdrücklich nicht nur für den Eigenbedarf produzieren, sondern auch anderen Organisationen den Zugang zu hochqualitativen SiC-Substraten ermöglichen und der Forschungs-Community optimale Grundmaterialien für Quantenanwendungen zur Verfügung stellen. In der Entwicklung sind dafür auch schon SiC-Substrate mit alternativer Kristallorientierung, wie beispielsweise so genanntes ‚a-Plane‘-Material.

Vom Material zum System

Die umfangreichen Epitaxie-Aktivitäten des IISB sind eingebettet in die Institutsstrategie, Forschungsdienstleistungen entlang der kompletten Wertschöpfungskette – vom Halbleitergrundmaterial bis zum leistungselektronischen System – anzubieten. Das technologische Fundament dafür bildet eine durchgehende und industriekompatible CMOS-Prozesslinie für Si-Wafer bis zu 200 mm und SiC-Wafer bis 150 mm Durchmesser. Im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative „Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland“ (FMD) wird diese CMOS-Linie aktuell für 200-mm-SiC-Wafer qualifiziert. Innerhalb der FMD hat sich das Fraunhofer IISB als Kompetenzzentrum für SiC positioniert und erweitert konsequent seine Aktivitäten auf diesem Gebiet. Mit der Prozesslinie kann das IISB auch auf fortgeschrittene Technologien zur Heterointegration und Strukturierung im Nanometermaßstab zurückgreifen. Die Arbeiten der IISB-Abteilung Hybride Integration zur Aufbau- und Verbindungstechnik, beispielsweise für extreme Umweltbedingungen wie cryogene Umgebungen, ergänzen das technologische Portfolio.

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Fraunhofer-Institut IISB

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