Hürden bei der Vermarktung von IoT-Services

Im After-Sales-Service, bei Wartungen und Reparaturen, liegt für Maschinenbauer ein attraktives Zusatzgeschäft mit hohen Margen, das sich leicht erschließen ließe: Mit einer Softwareplattform können Hersteller, Kunde und Maschine vernetzt werden – sie ermöglicht Service-Dienstleistungen, Störungsmeldungen und die Erfassung und Analyse von Betriebsdaten und bietet damit Mehrwert für alle Seiten. Die Voraussetzung: Die Maschinen müssen online gehen und an das IoT angebunden werden. Das stößt nicht bei allen Kunden auf Gegenliebe. Smartsquare geht auf die drei häufigsten Einwände ein – und wie sie entkräftet werden können.

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Kunden wollen keine Transparenz

Maschinenbauer haben die Erfahrung gemacht, dass ihre Kunden, das heißt die Käufer und Anwender der Maschinen, kein großes Interesse an Transparenz haben. Die entsteht zwangsläufig, wenn die Anlagen an das Internet angebunden werden. Die Kunden sperren sich gegen digitale Lösungen, da sie sich durch digitale Protokollierung, Betriebsdatenaufzeichnung oder die Möglichkeit der Ferndiagnose überwacht fühlen. Sie fürchten, dass bei Streitigkeiten über Gewährleistung und Garantie die Daten zu ihrem Nachteil herangezogen werden könnten – etwa weil sie abbilden, dass eine Maschine nicht richtig genutzt oder eine Wartung nicht durchgeführt wurde. Ein Einwand ist darüber hinaus die Vertriebsmüdigkeit: Die Käufer sind in Sorge, dass ihnen der Hersteller andauernd Dienstleistungen anbieten wird und sie mit Erinnerungen etwa an den Austausch bestimmter Teile wie Dichtungen flutet. Das kostet Zeit und wird als lästig empfunden. Auch Befürchtungen in Sachen IT-Sicherheit und Datenschutzkonformität werden laut.

Um dem zu begegnen, müssen Maschinenbauer kommunizieren, dass die Digitalisierung mit einem Nutzen verbunden ist, der den Verlust an gefühlter Privatsphäre aufwiegt. Die konkreten Vorteile, die sich aus IoT-Technologien ergeben, sind zuallererst weniger Schäden an den Maschinen, da sie schneller entdeckt werden, daraus resultierende niedrigere oder sogar ganz verhinderte Stillstandzeiten, was einen erheblichen Kostenvorteil bringt. Dazu kommen schnellere und bessere Serviceeinsätze, ein Mehr an Komfort für die Nutzer, geringere manuelle Aufwände und die Möglichkeit, die Benutzung der Maschinen und Anlagen zu optimieren.

Maschinenbauer sollten auch über den Preis argumentieren: Intransparenz muss für den Kunden teurer als Transparenz werden. Damit kann er seine Mehrkosten an den Kunden weitergeben, da kundenseitig fehlende Digitalisierung die Ausgaben für den Service erhöht: Die Techniker müssen häufiger rausfahren, die Diagnose ist nicht so einfach wie sie sein könnte. Hier bleiben Maschinenbauer auf vielen Kostenposten wie Extra-Anfahrten, unnötig lange Telefonate oder zu späten Reaktionen auf sich ankündigende Probleme sitzen. Hinzu kommen Hektik und Eskalation wegen fehlender Planbarkeit. Über höhere Preise können Maschinenbauer Druck aufbauen und die Kunden ein stückweit erziehen. Es zeigt sich, dass sie in der Breite noch zu freundlich auftreten und auch von der eigenen Vertriebsabteilung gehemmt werden. Hier können sie selbstbewusster sein. Zumal viele Kunden durchaus an einem guten Service interessiert sind und diesen auch einfordern, ihrerseits aber nicht bereit sind, für eine Vereinfachung der Diagnose die Maschinen ans Netz zu stellen. Es reicht hier nicht mehr, im Servicefall einen Auszubildenden mit dem Netzwerkkabel an die Maschine zu schicken, um sie für die Diagnostik ans Netz zu nehmen. Der Preis für einen guten Service besteht künftig in der Sichtbarkeit der Daten.

Die Kunden bezahlen das nicht

Die Haupthürde für digitale Geschäftsmodelle besteht in den erwarteten Kosten. Die initialen Ausgaben für ein IoT-Projekt erscheinen zunächst relativ hoch. Der Maschinenbauer selbst ist unsicher, ob er diese durch eingesparte Personalkosten oder Mehreinnahmen ausgleichen kann. Und er ist im Unklaren, ob und wie viel seine Kunden bereit sind, für diese Art der Dienstleistung zu bezahlen.

Die Lösung besteht darin, nicht sofort große Pakete zu kaufen und riesige Projekte anzuschieben. Mit einem Framework-Ansatz kann das Projekt individuell gestaltet werden, es wird steuerbar. Beim Konfigurationsansatz der großen Standardplattformen steht dagegen ein riesiger Kostenblock am Anfang, der zu Recht abschreckt und ein finanzielles Risiko darstellt.

Intelligenter ist eine pragmatische Vorgehensweise in Etappen: Maschinenbauer können dann mit einer überschaubaren Anzahl an Modulen und Angeboten für die Kunden beginnen. Damit können sie die Akzeptanz testen, Feedback einholen und bei Bedarf ihre Ideen anpassen. Darauf aufbauend kann die Lösung ausgerichtet und erweitert werden. Wichtig ist dabei, klare Etappenziele mit messbaren betrieblichen Ergebnissen zu definieren. Dabei müssen Fragen wie „welche Funktion hat welchen Nutzen für wen und wie viel kann ich dafür berechnen“ beantwortet und feste Budgets und Zeitpläne definiert werden. Es ist wichtig, dass der Maschinenbauer bei seinen IT-Dienstleistern auf eine strukturierte Vorgehensweise und stringente Projektdurchführung besteht.

Die Erfahrung zeigt: Werden die ersten Kunden überzeugt und Einnahmen aus der Digitalisierung generiert, entstehen explosionsartig weitere Ideen und die Einnahmequelle wird schnell ausgebaut. Maschinenbauer müssen am Ball bleiben und ihre Wettbewerbsfähigkeit im Auge behalten – der Markt ist eingebrochen: Laut dem Maschinenbaubarometer des vierten Quartals 2022 erwarten die deutschen Maschinenbauer im Jahr 2023 2,9 Prozent weniger Umsatz für die Gesamtbranche – der tiefste Stand der vergangenen zwei Jahre1. Viele wollen dennoch einfach so weiter machen wie bisher und blicken den Veränderungen nicht ins Auge: Weltmarktführer, Hidden Champions und große Maschinenbauer liefern ihre Maschinen heute schon nur noch mit Connectivity aus. Das Mittelfeld muss nachziehen. Wer das nicht tut, wird vom Markt verschwinden. Denn die Konkurrenz ist da – Dreh-, Fräs- und Spritzgießmaschinen gibt es heute in vergleichbarer Qualität aus China. Deswegen müssen die Hersteller andere Unterscheidungsmerkmale und Angebote finden, die sie vom Wettbewerb abheben. Ein weiter so wird auf Dauer nicht mehr funktionieren.

Es entsteht eine Abhängigkeit von externen Dienstleistern und Softwareanbietern

Maschinenbauer fürchten die Abhängigkeit von Externen. In ihrer Wahrnehmung entsteht sie, wenn man deren Produkte in der eigenen Wertschöpfung einsetzt oder wenn man sich auf externes Knowhow stützt, das nicht in kurzer Zeit durch Wissenstransfer selbst erlangt werden kann. Man steht der Leistung der Externen mit Misstrauen gegenüber, hat Bedenken, dass sich Probleme in deren Betrieb auf den eigenen auswirken, und fürchtet die Abhängigkeit, wenn von Partnerseite Preise erhöht oder Produkte und Angebote eingestellt werden.

Nun ist Abhängigkeit kein schlagendes Argument, da diese immer besteht – von Zulieferern, wie sich in der aktuellen Lieferkettenproblematik gezeigt hat, oder von überlasteten Steuerberatern. Jedes Unternehmen ist in verschiedene Netzwerke eingebunden und damit auf die eine oder andere Art abhängig. In Bezug auf eine Softwarelösung können Unternehmen diese abmildern, indem sie in ihrem Risiko-Management eine Austauschbarkeit des Externen vorsehen. Das bedeutet, dass sie ihre Daten aus Systemen heraus exportieren und in andere Systeme umziehen können, aber auch, dass sie verstehen und dokumentieren, was genau die Leistungen des Externen umfassen. Technische Dokumentation müssen vollständig und verständlich sein. Wichtig ist auch, dass der Code der programmierten Software in das Eigentum des Maschinenbauers übergeht und er die notwendigen Rechte erhält, um den Code im Zweifelsfall selbst oder mit Hilfe eines Dritten weiterverwenden zu dürfen. Es versteht sich von selbst, bei der Auswahl der Geschäftspartner auf Vertrauenswürdigkeit zu achten und ihre Referenzen genau zu prüfen: Bei der Umsetzung einer Digitalstrategie handelt es sich um eine enge und bedeutsame Zusammenarbeit, die auf Augenhöhe und als ehrliche Partnerschaft stattfinden muss. Maschinenbauer müssen sich darüber im Klaren sein, dass es keine realistische Alternative zu externen Partnern gibt, wenn sie digitale Geschäftsmodelle aufbauen wollen und das Knowhow nicht im Haus vorhanden ist. Dessen Aufbau ist zeit- und kostenintensiv und für Maschinenbauer, die eben nicht originär IT-Unternehmen sind, schwierig. Selbst, wenn geeignetes Personal gefunden und eingestellt wird – dieses kann auch wieder kündigen. Ein gutes Verhältnis mit einem erfahrenen Partner stellt einen deutlich resilienteren Ansatz dar.

Fazit

Maschinenbauer, die das Potenzial der Digitalisierung nicht erkennen und für sich nutzen, werden früher oder später vom Markt verschwinden. Denn keiner kann es sich mittelfristig erlauben, Umsätze und Zusatzgeschäfte einfach liegen zu lassen. Für neue Geschäftsmodelle kann Überzeugungsarbeit beim Kunden und im eigenen Betrieb notwendig sein. Doch dafür sprechen stechende Argumente.

Alexander Niemann, CEO Smartsquare GmbH

Smartsquare GmbH

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